Es gibt sie heute nicht mehr. Ehrliche Fahrmaschinen mit Heckantrieb und Saugmotor! Wenn man solch ein Modell dann doch noch findet, dann meist zu Preisen, die sich Otto-Normalverdiener nicht mehr leisten kann.
Eine Ausnahme bilden jedoch die Zwillige Subaru BRZ und Toyota GT86, welchen ich heute vorstellen möchte.
Karosserie / Innenraum:
Der Toyota GT86 (baugleich mit dem Subaru BRZ) ist ein Kompakt-Sportcoupé, welches nach klassischer Manier entwickelt wurde und designed wurde. Dies beudeutet lange Motorhaube, tiefer Schwerpunkt, Heckantrieb und möglichst leicht soll er sein. Diese Vorgaben setzten die Entwickler gezielt um und so steht nun eine typisch japanische Rennsemmel vor mir. Der Spoiler und die Klarglasrückleuchten entsprechen dem typischen Tuner-Styling eines japanischen Sportwagens, wie man ihn aus diversen Hollywood-Streifen kennt. Die Front mit den aggressiven Xenon-Scheinwerfern und dem LED-Tagfahrlicht sorgt für ein respektables Überholprestige auf der Autobahn und im Rückspiegel des Vordermannes.
Im Innenraum erwartet einen der 2+2-Sitzer mit der typischen japanischen Plastiklandschaft aus 90er Jahren. Einzige Ausnahme stellt der unwirklich erscheinenden Navigationsmonitors, der eher nach Zubehörhandel aussieht, denn als Werksausrüstung. Alles ist klar angeordnet und problemfrei zu bedienen, naja fast alles …
Wer den Bordcomputer nutzen will sucht vergebens nach der Taste an einem der Lenkstockhebel oder dem nicht vorhandenen Multifunktionslenkrad. Doch dann am Kombiinstrument findet sich ein Knopf mit der Aufschrift “DISP” und genau dies ist der Bordcomputer! Wer nun aber ein typisch verspieltes Infosystem erwartet wie aus der Playstation oder dem Nissan GT-R wird enttäuscht, es gibt nur die Möglichkeit sich hier Momentanverbrauch, Durchschnittsverbrauch oder die Außentemperatur anzeigen zu lassen. Das ist schon zu minimalisiert, zumindest die Restreichweite wäre noch zu erwarten gewesen …
Die Verarbeitung im Innenraum ist okay, aber die Spaltmaße der Plastikteile sind leider ebenso unschön an zu sehen wie die verwendeten Materialien. Alles wirkt etwas speckig (Armaturenbrett, Lederpolster, Plastikschalter) und haptisch wenig ansprechend. Dies können andere Hersteller bedeutend besser. Die verbauten Sportsitze hingegen sind wirklich toll, da selbst breitere Personen tollen Seitenhalt und Platz darin finden. Leider fehlte eine Lordosenstütze und die Polster waren auf Dauer ein wenig zu hart. Dafür sitzt der Fahrer gut eingebettet hinter dem gut in der Hand liegenden, kleinen Sportlenkrad. Auf den Notsitzen im Fond kann nicht wirklich jemand sitzen. Selbst Kindern will man diese Plätze nicht anbieten, da im Normalfall keine Beinfreiheit vorhanden ist, wenn vorne normal große Personen sitzen. Des Weiteren gibt es im Fond zwar Gurte, aber keine Kopfstützen. Warum hier unbedingt diese Zusatzablage installiert wurde und das Fahrzeug nicht als 2-Sitzer ausgelegt wurde bleibt daher fraglich. Der Kofferraum ist ausreichend, wenn auch eher klein geraten.
Multimediasysteme sind ja normalerweise eine Stärke der Japaner, doch das günstige Navisystem bietet außer einer guten Grafikauflösung kaum weitere Vorteile. Eine USB-Schnittstelle ist vorhanden und das Koppeln des Handys klappte nach 2 Anlaufen letztlich auch. Die Sprachqualität der Freisprechanlage habe ich jedoch nicht getestet.
Motor / Getriebe:
Unter die Motorhaube eines sportlichen Coupés gehört natürlich ein Triebwerk, welches dem optischen Anspruch auch in Sachen Performance gerecht wird. Neben Leistung, sind ebenso Laufkultur und Effizienz ein entscheidendes Kriterium für die Entscheidung welches Triebwerk in dem Coupé verwendet werden soll.
So entschieden sich Toyota und Subaru für einen 2,0l 4-Zylinderboxermotor von Subaru. Dieses Triebwerk ist eine Neuentwicklung und bietet auf dem Papier stramme 200PS bei mageren 205Nm Drehmoment. Laut Datenblatt soll der kleine Japan-Sportler in 7,6 s auf Tempo 100 sprinten, was in der Praxis durchaus glaubhaft erscheint.
Gestartet wird der Motor über einen Start/Stopp Knopf in der Mittelkonsole. Kurz nach dem Kaltstart läuft der Boxermotor ungewohnt unruhig und mit deutlich erhöhter Drehzahl. Dabei läuft der Motor ruhig und vibrationsarm vor sich hin und nimmt bereitwillig Gas an. Dies gefällt auch im Fahrbetrieb, wobei er hin und wieder etwas zu spitz am Gas hängt und es dadurch immer wieder zu Lastwechselruckeln kommt.
Ist der Motor erst einmal auf Temperatur gebracht, beginnt das Interessante und der Fahrer verlangt dem Boxermotor mehr und mehr Leistung ab. Da es sich beim GT86 um einen Saugmotor handelt bedeutet dies also drehen, drehen und nochmals drehen um flott voran zu kommen. Souverän verhält sich hier der Boxer und willig dreht er hinauf in den brutal eingreifenden Drehzahlbegrenzer bei 7.600U/min. Unter 4.000U/min fällt der Motor in ein deutlich spürbares Leistungsloch und die Drehmomentkurve zeigt deutlich wie unharmonisch dieses Triebwerk abgestimmt ist. So hat der Motor bei ca 3.500U/min sein Drehmomenthoch, fällt dann zwischen 3.500 und 4.500U/min in ein tiefes Tal um dann wieder leicht anzusteigen und konstant zu bleiben bis kurz vor dem Drehzahlzenit.
Dies sorgt dafür, dass man meist hochtourig auf kurvigem Geläuf unterwegs ist und auch sein muss, wenn Leistung gefordert ist. Dem Motor gefallen hohe Drehzahlen durchaus, akustisch schafft der Antrieb hingegen keinen ansprechendes Klangbild. Hier fehlt eine bassig klingende Soundauspuffanlage, die für sportliche Töne sorgt. Die Serienanlage hingegen lässt den Motor nur im unteren Drehzahlbereich angenehm kernig klingen, wogegen der Klang ab 6.000U/min eher angestrengt wirkt.
Beim Getriebe bieten die Japaner die Wahl zwischen einem kurz übersetzten, knackigen 6 Gang Schaltgetriebe und einer 6-Stufen Wandlerautomatik, die deutlich länger übersetzt ist.
Bitte vergesst die Automatik, denn diese passt in keiner Weise zu diesem Modell. Also rein in das Modell mit dem manuell zu führenden Schalthebel und los geht die Hatz. Kurz und knackig rastet der 1. Gang ein und die weiteren 5 Vorwärtsgänge werden in sportlichen kurzen Wegen geführt. Mit jedem Gangwechsel kommt eine unbändige Lust den nächsten Gang einzulegen zu können. Den Motor hält man so gekonnt auf Trapp und vor allem im wichtigen, oberen Drehzahlbereich. Auch auf kurvigem Geläuf findet sich so immer schnell der passende Gang, damit der GT86 den Paß hinauf getrieben wird.
Auf die Autobahn gehört dieses Fahrzeug eigentlich nicht, mit dem Handschaltgetriebe erst recht nicht. Grund ist natürlich in der kurzen Gesamtabstufung, die zu einem sehr hohen Geräuschpegel im Innenraum führt.
Kommen wir zum Thema Verbrauch und dies ist verständlicher Weise nicht die Stärke dieser Motor-Getriebeabstimmung. Besonders wer dem Motor oft die Sporen gibt und ihn im optimalen Leistungsbereich bewegt, wird um Verbräuche von 10-12l nicht herum kommen. Hält sich der Fahrer selbst an der Leine und den Motor im unteren Drehzahlbereich, der realisiert Wert von 7-8 l/100km.
Fahreigenschaften:
Ein richtig gutes Sportcoupé muss natürlich die Hinterräder antreiben und so wird dieser Toyota als Hecktriebler dieser Pflicht ebenso gerecht wie einem sportlich, direkten Fahrwerk und einer rückmeldungsfreudigen Lenkung.
Eigentlich könnte man diesen Punkt sehr kurz abhandeln => Er macht beim flotten Fahren richtig viel Laune!
Woran dies liegt? Ganz einfach, Toyota hat hier zwar ein knallhartes Fahrwerk verbaut, welches nur ein Minimum an Komfort für Fahrer und Beifahrer bietet, dafür aber hohe Kurventempi ermöglicht. Kurvige Landstraßen sind das bevorzugte Jagdrevier des Toyota GT86. Hier lässt er sich von einer Kurve in die nächste hineinwerfen und bereitet dem Fahrer von Kurve zu Kurve mehr Vergnügen. Einzig das ESP arbeitet zu Sicherheitsbetont. Wer diese Hilfe komplett deaktiviert bekommt immer noch ein lammfrommes Fahrwerk, welches einen sehr hoch angesiedelten Grenzbereich hat. Erst wer es wirklich komplett übertreibt und deutlich zu schnell oder viel zu hektisch in eine Kurve hinkommt, wird mit einem ausbrechenden Heck beglückt, was wunderbar beherrschbar bleibt. Dies gelingt aber nicht nur durch das tolle Fahrwerk sondern auch mit Hilfe der hervorragenden Lenkung. Denn gerade sie gibt dem Fahrer die benötigte Rückmeldung und setzt Befehle wunderbar direkt um, wodurch sich der Fahrer optimal über das aktuelle Geschehen informiert sieht. Zwar ist die Servounterstützung in der Stadt etwas zu gering, aber genau so muss eine Lenkung in einem Sportwagen nun einmal sein!
Wer mit dem Wagen im Alltag auf Komfort hofft, der soll und muss sich bitte ein anderes Auto kaufen. Denn dadurch, dass das Fahrwerk so straff ist, hüpft der Wagen über kurz auf einander folgende Wellen wie ein zu tief gelegter VW Scirocco aus den 90er Jahren bzw. wie ein Golf III vom Wörtherseetreffen! Querfugen übertrampelt der GT86 ebenso unnachgiebig wie sämtliche Fahrbahnunebenheiten auf den deutschen, geflickten Straßen und von Kopfsteinpflaster reden wir lieber gar nicht erst 😉
Also bleibt auf den kurvigen Land- und Bergstraßen mit diesem Gefährt und ihr werdet eure reine Freude mit dem Kleinen haben!
Auf der Autobahn liegt der GT86 sicher, erst ab 180km/h wird der Wagen etwas hibbelig am Heck. Unschön auch, wie hoch der Geräuschpegel durch Windgeräusche im Toyota ist. Ab 140km/h schreit man schon eher den Beifahrer an, als dass man mit ihm eine angenehme Unterhaltung führen könnte. Ab 180km/h dann, gibt es nur noch Zeichensprache, als Kommunikationsmittel…
Fazit:
Was bleibt nun also fest zu halten zum Toyota GT86?
Der Wagen ist optisch sehr interessant und das Fahrverhalten dem eines Sportwagens absolut würdig. Leider vermisst man beim Antrieb schnell mehr Leistung. Seine Drehwilligkeit und das perfekte Ansprechverhalten hingegen entschädigen dafür ein wenig. Fahrwerk und Lenkung sind absolutes Benchmark und sorgen beim Toyota GT86 für Verblüffung und ernten einhellige Begeisterung mit jedem gefahrenen Kilomter. Das dieses Sportcoupé kein perfekter Alltagsheld ist, verzeihe ich ihm jedenfalls komplett. Denn in der aktuellen Fahrzeuglandschaft findet sich aktuell kein vergleichbares Modell mit ähnlich tollem Fahrspaß für wenig Geld.
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