Im Jahr 2013 führten die Italiener eine neue Limousine ein, die unterhalb des Quattroporte angesiedelt ist und eine größere Anzahl an Kunden für die Marke mit dem Dreizack begeistern soll.
Beim Design begeistert die, auf den Namen Ghilbi getaufte, Limousine mit einer scharf gezeichneten Front mit schmalen L-förmigen Xenonleuchten und einem Haifischmaul-ähnlichen Kühlergrill, auf dem mittig der Dreizack prangt.
Maserati. Mit diesem Namen verbinden Fans italienischer Fahrzeuge Begriffe wie Motorsport, Leidenschaft und Sound. Gerade die heißblütigen Benzinmotoren in einer klassischen Limousine machten die Marke mit dem Dreizack berühmt und beliebt unter Liebhabern. Da Maserati im Jahr 2013 eine kleine Business Limousine mit dem Ghibli auf den Markt gebracht hat, wollte man mit dieser versuchen, neue Kundenkreise zu erschließen und die Absatzzahlen deutlich zu steigern. Doch wie schafft man dieses im Umfeld eines BMW 5er, Audi A6 oder der Mercedes E-Klasse?
In Zeiten von CO2-Diskussionen und steigenden Kraftstoffpreisen musste also ein Dieselantrieb her.
Ja, liebe Markenfans, Maserati musste dem Ghibli einen starken Dieselmotor verpassen. Dies tat man, indem man die Fiat-Tochter VM Motori beauftragte, ein 3,0l V6 Turbodieselaggregat zu entwickeln. Dieses Triebwerk leistet im Ghibli nun stolze Nennwerte von 202 kW (275 PS) und 570 Nm (mit Overboost 600 Nm). Der Motor wird, wie die Benziner auch, an die bekannt gute 8-Stufen Automatik vom Getriebehersteller ZF gekoppelt.
Also eine Kombination, die nach Spaß klingt und auch auf dem Papier mit einem Beschleunigungswert von 6,3 s auf Tempo 100 km/h für respektable Werte sorgt.
Die Kraft wird traditionell an die Hinterräder weiter geleitet, die zur besseren Traktion ein Sperrdifferenzial zur Unterstützung bekommen haben.
Der Motor springt schnell und souverän an und grummelt dann leicht und mit kaum wahrnehmbaren Vibrationen in der Warmlaufphase vor sich hin. Der sich billig anfühlende Automatikhebel wird mit einem Zug auf „D“ gestellt und schnellt dann wieder in seine Ausgangsposition zurück. Dies kennen wir so schon aus dem Hause BMW, bei dem der Getriebestick auch stets in gleicher Position verharrt.
Sobald der Motor nach einigen Kilometern warm ist, wird er akustisch noch einmal ruhiger und grummelt erst unter Last und höheren Drehzahlen dumpf und kernig aus den vier Endrohren am Heck. Die Klangkulisse passt sehr gut zum sportlich orientierten Maserati, doch wenn man dann noch das Getriebe auf „Sport“ stellt, aktiviert man damit auch gleich einen im Heck platzierten Soundgenerator. Dieser produziert dann ab 2.000 U/min ein Klangbild, welches einem V8 ähnlich klingen soll, aber doch zu künstlich wirkt. Vergleichbar ist dieser Klang mit dem, ebenfalls künstlich erzeugten, Sound des Audi SQ5.
Ist der Klang bis 120 km/h noch sehr präsent, wird er mit zunehmender Geschwindigkeit im Innenraum dezenter und von den recht lauten Abrollgeräuschen der Reifen übertönt.
Die Performance des Selbstzünders ist im Alltag als kräftig, aber nicht überwältigend zu bezeichnen. Auf der Autobahn dann und beim Beschleunigen über 160 km/h zieht der Motor zwar noch kräftig an, aber gefühlt entwickelt der Motor nur eine Leistung von ~230 PS. Die Konkurrenz aus München oder Ingolstadt schiebt hier deutlich stärker und energischer nach vorne und so führt das doch recht schnell zu einer Ernüchterung beim Fahrer.
Diesen ernüchternden Eindruck können auch die verfügbaren Fahrmodi nicht ändern. Im Normal-Modus fühlt sich der Ghibli aber am wohlsten. Denn hier spricht der Motor zwar etwas verzögert an, kommt da aber dem Komfortwunsch auf langen Strecken entgegen. Wer ein spontaneres Ansprechen des Triebwerks möchte, der kann den Sport-Modus über den Taster neben dem Automatikhebel aktivieren. Dann ist die Gaspedalkennlinie deutlich spitzer und fast schon giftig, was auf kurvenreichen Landstraßen durchaus seinen Reiz hat. Im Alltag hingegen kommt es zu einer unruhigen und eher ruckeligen Fahrweise, was den Fahrer fast automatisch dazu bringt hier auf den Komfort- oder I.C.E-Modus umzuschalten. Der I.C.E Modus ist eigentlich eine Art Schlechtwettermodus. Hier schaltet der Ghibli weit unterhalb von 2.000 U/min in den nächst höheren Gang und fährt bevorzugt im 2. Gang an, um weniger Moment auf die Räder zu übertragen. Dieser Modus kann somit auch als „Eco“-Modus bezeichnet werden, wobei im Maserati bis auf eine Start-Stopp Automatik eigentlich kaum Verbrauchsreduzierende Maßnahmen getroffen wurden.
Das Getriebe ist verhältnismäßig kurz übersetzt und dürfte gerade bei schnellen Autobahn Fahrten eine länger übersetzte 8. Fahrstufe besitzen. Somit erstaunt der ermittelte Verbrauch von 7,0 l/100 km bei zügiger Autobahnfahrt (meist 140-160 km/h), welcher sich auch bei ruhigerer Fahrweise auf Werte knapp über 6 l/100 km bringen lässt. Hektischere Fahrernaturen dürften mit Werten um die 8 l/100km auch zufrieden gestellt sein. Damit liegt der Ghibli als Diesel praktisch auf Augenhöhe mit seinen deutschen Konkurrenten.
Nicht auf Augenhöhe befinden sich die L-förmigen Bi-Xenon Scheinwerfer des Maserati, denn diese sind arg tief angeordnet. Die Linienführung ist klassisch und typisch italienisch, also einfach rundum gelungen. An der Front domiert der monumentale Kühlergrill samt riesigem Dreizack und am breiten Heck die 4-Rohr Abgasanlage. Der Maserati wirkt für eine knapp 5m lange Limousine erstaunlich schmal und kompakt, was sich auch auf den Innenraum auswirkt.
Fahrer und Beifahrer können sich zwar nicht über eingeschränkte Bewegungsfreiheit beschweren wie die Fondgäste, aber die Sitze sind für Personen über 1,90 m leider zu hoch positioniert. Dank des nicht vorhandenen Glasdachs bleibt zwar noch etwas Luft über dem Scheitel, aber die Sicht ist durch die sehr schräg angestellte A-Säule deutlich eingeschränkt. Die Seriensitze des Maserati Ghibli sind mit Leder bezogen und fühlen sich sehr hochwertig an, der Seitenhalt dürfte aber einen Tick besser sein, gerade im Bereich der Sitzfläche.
Im Innenraum haben die Italiener dem Ghibli ein übersichtliches Cockpit verpasst, welches von einem großen Touchscreen dominiert wird. Dieses vereint sowohl Navigation als auch Handy und Radi in sich. Die Bedienung ist gewöhnungsbedürftig und der Rechner dürfte schneller sein. Das Telefon lässt sich zwar mit Hilfe von Bluetooth leicht verbinden, aber weitere Konnektivitäten wie etwa eine Integration von diversen Apps, sind leider nicht möglich.
Beim Navigationssystem vertraut Maserati auf den Hersteller Garmin, welcher derzeit auch von Mercedes in seinen kleinen Systemen verwendet wird. Leider kommt es hier auch zu denselben Problemen wie im Mercedes. Das System arbeitet recht schnell, die Aufmachung der Grafik ist wenig detailreich und die Navigationsansagen kommen teilweise deutlich zu spät oder in verwirrender Art und Weise. Hier sollte Maserati eventuell über einen Anbieterwechsel nachdenken.
Bei der Verarbeitung scheinen sich die Italiener um Qualität bemüht zu haben. Alles sitzt einwandfrei und die Spaltmaße sind auch alle einheitlich. Die verwendeten Materialien im Innenraum machen durch die Bank einen guten Eindruck, das offenporige Holz hingegen wirkt etwas billig und wie aus Fahrzeugen der 90er Jahre.
Das dicke Lederlenkrad mit seinen riesigen Aluminium Schaltpaddels liegt sehr gut in den Händen des Fahrers und es macht viel Spaß, manuell mit dem Paddels zu arbeiten. Diese stehen zwar leider fest, aber hier hat jeder seine Vorlieben. Negativ hingegen fällt die Bedienung des Bordcomputers über die Multifunktionstasten aus. Hier erscheint der kleine Wipptaster zu klein und in seiner Funktion mit hoch / runter und drücken etwas verwirrend.
Beim Fahren verwirrt dann jedoch nicht mehr viel. Der Maserati fährt sich, wie man es von einer italienischen Sportlimousine erwarten würde. Die Lenkung gibt eine sehr schöne Rückmeldung und spricht angenehm direkt auf Lenkbefehle an. In Verbindung mit dem sportlich abgestimmten Fahrwerk lässt sich der Ghibli flott und leichtfüßig über kurvige Landstraßen treiben, dass es eine wahre Freude ist. Besonders schön ist auch, dass die Ingenieure das Fahrwerk sogar leicht übersteuernd ausgelegt haben, was sich bei schnellen Kurven schnell durch ein leicht eindrehendes Heck äußert. Das ESP fängt das Heck dann allerdings souverän und ohne nötige Härte wieder ein, sodass der Fahrer vom Regeln der Elektronik kaum etwas mit bekommt. Wer das ESP deaktiviert und es dann auf der Hausstrecke übertreibt, der sollte über ein schnelles Reaktionsvermögen verfügen, damit er sich nicht im Straßengraben wieder findet.
Wird es doch einmal eng und der Fahrer hat den Bremspunkt ein wenig verpasst, so kann er sich auf eine stark zupackende und gut dosierbare Bremslange im Ghibli verlassen. Diese vermittelt auch auf der Autobahn ein gutes Gefühl, wenn man einmal bei 200 km/h einen Rettungsanker werfen muss.
Alles in allem muss ich zugeben, dass mich der Maserati Ghibli überrascht hat. Er fährt sich außergewöhnlich handlich und leichtfüßig, was zum Fahrspaß enorm beiträgt. Der Motor ist zwar wirklich gut gelungen und arbeitet perfekt mit der 8-Stufen Automatik zusammen, aber leistungstechnisch sollte Maserati hier noch einmal nachlegen.
Beim Preis haben sich die Italiener mit 72.810 € für den Testwagen attraktiv gegenüber der deutschen Konkurrenz aufgestellt. Einzig die fehlenden Assistenten könnten eventuell ein Argument sein, welches Business Kunden vom italienischen Lifestyle Abstand nehmen lässt. Hier bieten die technokratischen Produkte der Hersteller Audi, BMW oder Mercedes derzeit einfach mehr, aber auch zu höheren Tarifen.
[…] Im Fahrbericht ? Maserati Ghibli als Diesel, gefunden bei ubi-testet.de (0.4 Buzz-Faktor) […]