Er war das pummlige Kind der Familie Opel. Es brauchte 4 Jahre und ein neu ausgerufenes Familiengesicht, damit aus diesem etwas beleibteren Sprössling ein athletisches Fahrzeug mit sexy Blick wurde.
Die Rede ist vom kompakten Familienvan aus dem Hause Opel, dem Opel Zafira. Mit dem verordneten Sportprogramm für einen hübscheren Body, verlor er optisch ein paar Pfunde und zeigt nun seinen stählernen Adonis-Karosseriekörper der anwesenden Presse-Schar.
Ja, er sieht wirklich hübsch aus. Ähnlich einem Cristiano Ronaldo vor dem Freistoß steht er da. Breitbeinig mit geschärftem Blick aus seinen neuen LED-Scheinwerfern. Die muskulöse Frontschürze mit dem Winglets um die Nebelscheinwerfer lassen ihn optisch noch breiter dastehen. Ein absolutes Design-Highlight sind die Lichtstege in den Scheinwerfern, die sich wunderbar in die Chromspange des Kühlergrills ziehen und so die gesamte Breite des Fahrzeugs unterstreicht.
So aufregend die Front des neuen Opel Zafira ist, um so nüchterner ist dafür die Seiten- und Heckansicht. Hier hat sich im Grunde nichts getan, diese wurde fast 1:1 vom Zafira Tourer übernommen.
Nicht übernommen wurde aber der Beinamen „Tourer“. Dieser Schritt hingegen geschah aus reiner Logik und weniger aus Marketinggründen. Wurde nämlich bis 2014 noch der Opel Zafira B (2. Generation) parallel weitergefertigt, ist damit nun Schluss. Folglich wird nur noch ein Modell des Opel Zafira produziert und eine Differenzierung im Namen ist nicht mehr notwendig.
Eine gewisse Notwenigkeit der Renovierung war aber nicht nur im Exterieur notwendig. Auch der Innenraum erhielt eine komplette Umgestaltung. Hier wurde der Opel Astra K als Vorbild genommen und der Armaturenträger komplett neu gestaltet. Besonders vorbildlich ist die Integration des neuen Multimedia-Touchscreen geworden. Mit einem schön gezeichneten Schwung umschließt der Armaturenträger den Monitor und bindet ihn elegant in die Mittelkonsole ein. Diese wurde von ihrer wirren Schalterflut komplett befreit und durch drei kleine Bedieninseln ersetzt.
So befinden sich alle fahrrelevanten Schalter um den Schalthebel platziert (Parkbremse, Einparkhilfe, Traktionskontrolle, Assistenzsysteme). Die zweite Insel finde sich zentral in der Mittelkonsole wieder, das Klimabedienfeld. Die größte und oberste Bedieninsel nimmt das Multimediasystem ein.
Dieses ist in zwei Versionen erhältlich. So kann der Kunde aus einem fest eingebauten Navigationssystem oder dem IntelliLink R4.0 System wählen. Während das Navi950 mit einem Festplattensystem arbeitet, greift das IntelliLink R4.0 auf das Smartphone zu. Mit Hilfe von Apple CarPlay bzw. Android Auto werden sämtliche Telematikdienste (auch Real Time Traffic Information) dem Fahrer zur Verfügung gestellt. Zudem bietet es ebenso die Möglichkeit der Sprachbedienung inkl. Vorlesefunktion von eingehenden WhatsApp Nachrichten.
Wer nicht ständig auf sein noch verfügbares Datenvolumen für die Navigation zur nächsten Pizzaria zugreifen möchte, sollte sich mit dem Telematikdienst Opel OnStar einmal genauer beschäftigen. Mit diesem hilfreichen Service bekommt der Kunde nicht nur die Möglichkeit einen 4G LTE Hotspot für 7 verschiedene Geräte zu nutzen, sondern auch einen automatischen Notruf im Fall eines Unfalls. Wird ein Unfall vom Fahrzeug erkannt (etwa durch Auslösen eines Airbags), wird automatisch eine Notfallverbindung zum Opel OnStar Call-Center aufgebaut. Mit den übermittelten Fahrzeugdaten samt Standort, kann dann der Disponent nicht nur schnelle und passende Hilfe schicken, sondern auch den verletzen oder verängstigten Insassen Beistand leisten bis die Rettungskräfte eingetroffen sind.
Das solch ein Service gerade für Geschäftsreisende oder Familien einen besonders hohen Stellenwert genießt zeigen auch die Verkaufszahlen des Opel Zafira. Kein anderer Kompakt-Van wird nämlich nahezu 50:50 von Geschäftsleuten als auch von Privatkunden gekauft!
Neben dem hilfreichen Opel OnStar System, gibt es aber noch einen entscheidenderen Grund für den Kauf eines Opel Zafira. Die einzigartige Variabilität dieses Fahrzeugkonzepts.
In keinem anderen Auto ist es so einfach möglich morgens die Kinder zur Schule zu fahren, im Anschluss im schwedischen Möbelhaus zwei neue Kleiderschränke zu kaufen und danach die Nachbarskinder samt der eigenen wieder nach Hause zu bringen. Dank des 1999 erstmals eingeführten variablen Sitzsystems verschwinden die Rücksitze mit wenigen Handgriffen im Wagenboden und bilden mit ihren Lehnen einen absolut ebenen Ladeboden. Im Maximum ergeben sich somit über 1.800 ltr Stauvolumen, welches so in dieser Klasse seines Gleichen sucht.
Ebenfalls einzigartig in dieser Klasse sind die Lounge Sitze in der 2. Sitzreihe. Klappt man die mittlere Sitzlehne nach vorne, bietet diese die Möglichkeit sie in einen bequemen Tisch umzubauen. Zusätzlich lassen sich die verschiebbaren Einzelsitze so ein wenig in die Fahrzeugmitte verschieben, wodurch die Ellbogenfreiheit der äußeren Sitzplätze deutlich erhöht werden kann für besseren Komfort. Bequemes Reisen oder arbeiten ist somit kein Problem.
Probleme hingegen bekommt der Kunde bei der Wahl seines Antriebs für den Opel Zafira. Denn hier hat er die Qual der Wahl aus ziemlich jeder Treibstoffart. Ob klassisch der Diesel oder ein Benzinmotor, neumodisch als Flüssiggasversion LPG oder als Erdgasversion CNG. Die Leistungspalette reicht dabei von 120 – 200 PS. Am häufigsten wird der stärkste Turbodiesel mit seinem Zweilitermotor und 170 PS nachgefragt, der erst vor rund 1 Jahr eingeführt wurde. Durch das enorme Drehmoment von 400 Nm sind mit ihm Steigungen kein Problem und auch eine größere Beladung lässt den Motor nicht schwachbrüstig daher kommen.
Ganz im Gegenteil zur Topmotorisierung, dem 1.6 EcoTec Turbo. Er entwickelt zwar eine Spitzenleistung von stolzen 200 PS, allerdings bleibt das Drehmoment mit 280 Nm weit hinter dem Selbstzünder zurück. Ein durchaus angenehmer Begleiter ist er ja, diese Downsizing Spitzenmotorisierung. Angenehm ruhig läuft er, nur in der Warmlaufphase mit leichten Vibrationen und bleibt auch sonst akustisch dezent im Hintergrund. Selbst wenn die Leistung abgerufen wird, klingt der Motor nie nervig oder entwickelt gar unangenehme Geräusche im Innenraum. Kraftvoll will der dabei jedoch nicht so recht wirken. Trotz des enggestuften 6-Gang Schaltgetriebes wirkt der Motor in letzter Instanz etwas träge. Der Kopf würde von 200 Pferdchen hier mehr Vorwärtsdrang erwarten, so hingegen passt wieder der Vergleich mit Cristiano Ronaldo. Wenn es nämlich drauf ankommt, dann kann er seine Leistung nicht optimal umsetzen. Beim Opel Zafira ist der Spitzenmotor somit ein guter Antrieb, dem man jedoch vor allem mehr Durchzugskraft wünscht. Eventuell arbeiten die Ingenieure hier ja noch einmal etwas nach und geben ihm ein wenig mehr Drehmoment. Den angegebenen Normverbrauch von 6,8 – 7,2 l/100km erreicht man freilich in den seltensten Fällen. Bei flotter Fahrweise sollte man durchaus von einem Wert über er Marke von 9l/100km einkalkulieren.
Neben dem hohen Leergewicht und den nicht idealen Karosserieausmaßen ist auch das kurz abgestimmte Schaltgetriebe ein wenig Schuld am hohen Kraftstoffkonsum. Arbeitet die Schaltung zwar wunderbar knackig und präzise, so fehlt es an einer längeren Gesamtübersetzung.
Wer also viel fährt und dann auch noch etwas flotter, dem sei also auch der Diesel anzuraten, wie es bereits 62 % der Kunden des Opel Zafira tun.
Doch wie fährt sich denn nun der neue Opel Zafira?
Ja, praktisch wie der Vorgänger. Einfach, kurz und bündig zusammengefasst. Grund dafür ist, dass die Techniker hier keine Hand anlegen mussten.
Zur Testfahrt standen alle Zafira Modell mit dem optionalen, adaptiven Fahrwerk FlexRide bereit. Per einfachem Tastendruck auf dem Armaturenbrett kann der Fahrer zwischen den Vairanten SPORT, Normal oder TOUR wählen. Die sportliche Fahrwerksauslegung ist merklich straffer abgestimmt und eignet sich praktisch nur für denjenigen, der versuchen möchte eine neue Bestzeit auf der Hausstrecke aufstellen zu wollen. Die Lenkung strafft sich auch nur minimal, somit bietet diese Einstellung im Alltag keinen Mehrwert.
Die normale Fahrwerkseinstellung hingegen, das selbe Setting wie die Standardauslegung, bietet hier eine sehr gute Mischung. Zwar straff aber mit gutem Komfort zeigt das Fahrwerk hier einen tollen Spagat. Querfugen und tief liegende Kanaldeckel mag die Vorderachse zwar nicht, üble Schläge an die Insassen gibt es aber nicht.
Die TOUR Einstellung ist dann aber eine besondere Krönung im Bezug auf komfortables Reisen. Nun werden wirklich nur noch übelste Straßenschäden vom Fahrwerk gemeldet. Ja, so macht Langstrecken fahren sicherlich viel Spaß. Diese Einstellung ist es eigentlich auch nur, warum ich das FlexRide-System für 980 € (nur für INNOVATION) durchaus empfehlen würde. Besonders wenn man oft auf schlechter asphaltiertem Untergrund unterwegs ist.
Was hingegen etwas verbesserungswürdig ist, bleibt bei Opel die Bremsanlage bzw. das Bremsgefühl. Dieses ist nämlich sehr weich und undefiniert, was gerade bei abrupter Verzögerung ein etwas unschönes Gefühl hinterlässt, da der Pedalweg sehr lang ist. Hier würde ich mir von den Entwicklern noch ein strafferes Pedalgefühl wünschen, denn die Verzögerung gibt keinen Grund zur Beanstandung.
Hervorragend sind auch die formidablen AGR-Sitze. Ein absolutes Muss für jeden Kunden, denn wer einmal längere Strecken in ihnen verbracht hat, der weiß warum ich diese Sitze so empfehle. Sie bieten nicht nur viel Seitenhalt in Kurven, sondern sind auch zertifiziert (Aktion Gesunder Rücken). Warum Opel jedoch die Massagefunktion im Zafira nicht anbietet, wie im Opel Astra, bleibt gerade bei einem so hohen Businessanteil etwas fraglich.
Nach wenigen Stunden war es dann auch schon wieder soweit und ich musste meinen Lava-rot lackierten Zafira zurück geben. Eigentlich schade, denn mit ihm hätte ich mir durchaus die Heimfahrt nach München nicht nur vorstellen können, sondern sie auch überaus entspannt absolviert. Meine Freundin hätte auch ihren Spaß an dem Raumwunder Opel Zafira und meine Nichte würde den Kindersitz auch gleich selbst umbauen und Mamas Auto schnell vergessen.
Ja, der neue Opel Zafira ist nun nicht nur optisch und technisch fit für die zweite Lebenshälfte, sondern auch für weitere Familien und Geschäftsleute.
Hier gehts zur obligatorischen Mitfahrt im neuen Opel Zafira, als Diesel!
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