Es braucht nur 2 Türen um zu verzaubern – INFINITI Q60 im Fahrbericht

Wissen Sie noch wie sie als kleiner Junge von einem sportlichen Coupé geträumt haben, dass einer ihrer Nachbarn besaß?
Ich kann mich noch sehr genau an das Calypsorot lackierte BMW 850i Coupé unseres Nachbarn erinnern. Herr Bernbauer war ein älterer Mann der dieses Coupé hegte und pflegt wie sein nicht vorhandenes, eigenes Kind. Nur bei schönem Wetter durfte das Fahrzeug an die Luft und der V12 Motor mit dem gut 2 Tonnen Coupé spielen.

Als Herr Bernbauer dann jedoch eines Tages wegzog war ich 11 Jahre alt und sehr traurig dieses tolle Auto nicht mehr zu sehen oder gar mitfahren zu können. Was blieb, neben dem immer noch währenden Wunsch eines eigenen BMW 850i, ist die Faszination für sportliche Coupés.

Heute bin ich 33 Jahre alt und darf ein brandneues Coupé testfahren. Zwar handelt es sich nicht um den Youngtimer BMW 8er Coupé, sondern um eine Neuerscheinung aus dem Hause Infiniti.

Infiniti?! „Was ist das noch einmal genau?!“ Fragen sie sich?

Infiniti ist die Luxusmarke von Nissan. In den USA und Rußland ist die Marke bereits stark etabliert am Markt und ein nicht zu unterschätzender Mitbewerber für Audi, BMW und Mercedes. Hierzulande kam die Marke im Jahr 2016 zwar lediglich auf knapp 2.200 verkaufte Fahrzeuge und liegt damit im Kleinserienbereich, doch die Steigerung um über 100 % zum Vorjahr zeigt klar wo die Reise hingeht, Wachstum. Drei Modelle der Marke habe ich bereits hier in meinem Blog vorgestellt. Der Infiniti Q30, QX30 und die Mittelklasselimousine Q50.

Genau auf dieser Mittelklasse-Limousine baut das rattenscharf gezeichnete Sportcoupé Infiniti Q60 auf. Beim Design haben sich die Japaner richtig ins Zeug gelegt, bzw. Der italienische Designer Alfonso Albaisa. Er ist der Designchef im Hause Infiniti und weiß wie kaum ein anderer mit konvexen und konkaven Linien zu spielen bzw. Gar die Augen zu verführen.

So sexy kann ein Auto sein …

Die Front des Infiniti Q60 ist schon ein richtiger Leckerbissen mit dem riesigen Doppelkegel-Kühlergrill, der ebenso zum Erkennungsmerkmal der Marke gehört wie die dem menschlichen Auge nachempfundenen LED Scheinwerfer oder die Sichel im Bereich der C-Säule. Tief kauert das Coupé über dem Asphalt, steht auf riesigen 19 Zoll Leichtmetallrädern und verfügt über einen verdammt sexy Hinterteil. Mit schönen Kurven an den hinteren Radläufen, die selbst in den Außenspiegeln immer gut erkennbar sind. Die LED-Rückleuchten erinnern am Heck ein klein wenig an das aktuelle C-Klasse Coupé aus dem Hause Mercedes-Benz. Doch während das Mercedes Coupé deutlich rundlicher und biederer wirkt, kann das Infiniti Q60 Heck als maskulin und aufregend bezeichnet werden. Aus jedem Blickwinkel erscheinen am Coupé immer neue Lichtkanten oder Fugen, die man so vorher noch nicht gesehen hat. Besonders zu empfehlen für interessierte Käufer des Infiniti Q60 ist zudem die in einem aufwendigen Sonderfertigungsprozess aufgetragene Lackierung Dynamic Sunstone Red zum Aufpreis von 1.400 Euro (+300 Euro zur Metallic-Lackierung).

Nach kurzem Check der aufregenden Außenhaut, gilt es natürlich den Innenraum des Infiniti Q60 zu erkunden. Hat der Fahrer auf den mit Leder bezogenen Sportsitzen Platz genommen, stellen sich schnell Schnell an die Infiniti Q50 Limousine ein was durchaus etwas schade ist, zumal das Exterieur auf mehr Eigenständigkeit schließen lassen würde.

Die Verarbeitung ist selbst bei diesen früh produzierten Testwagen vorzüglich und die Materialien von Premiumqualität. Hier kann das Infiniti Q60 Coupé in jedem Fall sich mit seinen Mitbewerbern Audi A5, BMW 4er und Mercedes C-Coupé messen und braucht sich in keiner Weise zu verstecken.
Setzen die deutschen Mitbewerber zunehmend auf freistehendene Multimediabildschirme, zeigt Infiniti wie schön Bildschirme auch heute noch in den Armaturenträger integriert werden können. Gleich zwei Stück an der Zahl in hochauflösender Grafik (wobei die Navigationsgrafik etwas besser sein dürfte … ) wurden von Infiniti zur Bedienung von Bedienelementen und Multimedia verwendet. Der obere Monitor ist entspiegelt und dient zum Multimediasystem, während der nicht entspiegelte Bildschirm darunter die Bedienelemente für Klima, Assistenz, Einstellungen oder Untermenüs übernimmt. Beide Bildschrime können wahlweise per Touch oder mit Hilfe eines zentral angeordneten Controllers bedient werden.

Sportliche Fahrernaturen werden zwar die etwas überladene Bedienstruktur auf den ersten Blick als ablehnend erachten können, wer sich jedoch für ein solches Modell auf länger Zeit gönnt wird sicherlich nach einer Eingewöhnungsphase schnell sicher in der Bedienung des Infiniti Q60 sein. Sicherheit bietet Infiniti auf neuestem Stand, gerade was den Bereich von Assistenzsystemen angeht. Da sich das Infiniti Q60 Coupé als Grand Tourismo versteht, kann der Fahrer auf Langstrecken auf eine Vielzahl an Helferlein zurückgreifen, die ihm das Reisen so angenehm als möglich macht. Vom selbst bremsenden Abstandstempomaten über einen Totewinkelwarner bis zum aktiven Spurhalteassistenten ist alles an Bord um ein teilautonomes Fahren nahezu zu ermöglichen.

Genug der Worte rund um dieses Coupé, wie fährt er sich?!

Infiniti bietet das Q60 Coupé zur Markteinführung mit zwei Turboaufgeladenen Benzintriebwerken an. Den Einstieg bildet ein 2,0 Liter Vierzylinder aus dem Hause Mercedes-Benz (MB C250) mit 211 PS. Neben diesem „Vernunftsmotor“ gibt es noch ein richtig heißes Eisen mit der Modellbezeichnung Infiniti Q60S. Unter dessen Motorhaube werkelt ein selbstentwickeltes 3,0 l V6 Twin-Turbo Aggregat mit nahezu doppelter Leistung (405 PS). Gerade mit diesem Triebwerk wollen die Japaner einen ernstzunehmenden Angriff auf Audi S5, BMW 440xi oder Mercedes C43 AMG wagen.

Für meine erweiterte Ausfahrt stand ein blauer Infiniti Q60 2.0t zur Verfügung.
Serienmäßig ist der Vierzylinder an eine 7-Stufen Wandlerautomatik gekoppelt. Auch diese kommt aus dem Hause Mercedes-Benz und verrichtet im Q60 eine sehr gute Arbeit. Sauber sortiert sie die Fahrstufen, ist gut abgestimmt und harmoniert gut mit dem Triebwerk. Ruhig läuft der Antrieb bereits nach dem Kaltstart mit nur leichten Vibrationen. Im Fahrbetrieb ist davon jedoch nichts zu spüren oder gar etwas zu hören. Leider verpassten die Japaner dem 2.0t kein aktives Soundengineering, so dass dem sehr handlichen Coupé ein wenig Charakter geraubt wurde. Beim ausdrehen bleibt es bei einem schnöden, kernigen Klangbild ohne Höhepunkt oder Emotion.

Für Emotionen soll wohl eher der Infiniti Q60S 3.0t sorgen mit seinem V6 Triebwerk. Auf einer kurzen Runde in Frankfurt am Main konnte dieser Antrieb schon für sehr viel Laune sorgen. Ab Start sprintet das ausschließlich als Allrad verfügbare Coupé von der Ampel weg, der Motor dreht willig und kraftvoll zugleich bis an den Begrenzer ehe auch hier die 7-Stufen Wandlerautomatik die Fahrstufe wechselt. Ein wenig schneller dürfte dies durchaus gehen, doch dazu würde es vermutlich eher ein Doppelkupplungsgetriebe benötigen. Beim Sound würde es auch etwas mehr Feinschliff brauchen. Zwar klingt der mit zwei gleichgeschalteten Turboladern befeuerten 3.0t kernig und auch mit sportlichem Touch, jedoch sollte man im Anschluss an den Kauf dieses Fahrzeugs einen Auspuffspezialisten aufzusuchen. Er dürfte dem kräftigen Antrieb auch das passende Klangorgan geben können, dass dieser Motor verdient hat.

Zwei Fahrwerke mit einem Ziel – Fahrspaß

Auf dem gut 100 km Rundkurs durch den Taunus konnte der 2.0t mit seinem serienmäßigen Sportfahrwerk ohne Adaption zeigen, dass es nicht immer hochgerüstete Fahrwerke braucht um Spaß beim Fahren zu haben. Einzige Besonderheit, dass alle Infiniti Q60 Modelle eint ist die vollelektrische Lenkung. Mit drei unabhängig voneinander arbeitenden Steuergeräten in redundanter Ausführung, besteht praktisch keine mechanische Verbindung mehr zwischen dem Lenkrad und der Vorderachse. Klar, eine gesetzlich vorgeschriebene Notfalleinrichtung ist noch verbaut, doch diese kommt nur dann zum Einsatz, wenn eines der drei Steuergeräte andere Werte verarbeitet.

In der Praxis arbeitet die zweite Generation dieser Lenkung (die 1. Generation ist im aktuellen Infiniti Q50 verbaut) nun deutlich verbindlicher. Das extrem synthetische Lenkgefühl besonders um die Mittellage ist nun behoben und auf der Autobahn filtert die verstellbare Lenkung auch unruhige Lenkbewegungen. So läuft der Q60 2.0t auf der Autobahn selbst bei hohem Tempo angenehm ruhig und stabil geradeaus, während auf einer kurvigen Strecke im Taunus das direkte Ansprechverhalten Laune auf die nächste Kurve macht. Einzig im Stadtverkehr sollte man vom Sport-Modus Abstand nehmen, da hier das Ansprechverhalten etwas zu spitz ist und für unnötige Unruhe beim Lenken sorgt.

Das Basis Fahrwerk bietet im Infiniti Q60 2.0t einen wohltuenden Mix aus sportlicher Straffheit mit wenig Seitenneigung in Kurven und einem guten Komfort für Langstrecken. Einzig Querfugen mag die Vorderachse nicht so recht und gibt diese trocken an den Innenraum weiter.

Optional und serienmäßig im Q60S 3.0t bietet Infiniti noch ein adaptives Fahrwerk an. Dieses lässt eine noch größere Spreizung und Personalisierung auf die Vorlieben des Fahrers zu. Besonders gut hat mir bei meiner kurzen Runde (ca 25km) durch die Main-Metropole die Komforteinstellung. Zwar bleibt das Fahrwerk noch sportlich straff, filtert aber grobe Stöße von Unebenheiten sehr gut weg und Wellen bügelt das Fahrwerk sauber weg. Nicht schlecht würde ich sagen.

Die Rückgabe und der Gedanke an die Kindheit

Am Abend dann bei Rückgabe des Infiniti Q60 Coupés kommt wieder die Wehmut auf wie einst beim Wegzug des Herrn Bernbauer mit seinem roten BMW 850i.

Das Dynamic Sunstone Red lackierte Infiniti Q60S 3.0t Coupé würde ich durchaus gerne noch einmal weiter bewegen wollen und besonders das Triebwerk im Alltag genauer unter die Lupe nehmen. Das erotische Blechkleid hat mich schlicht gefesselt und der 3,0 l V6 Twin-Turbo scheint eine echte Alternative zu den 6-Zylinder Motoren der „Deutschen“ zu sein. Auch das Fahrverhalten macht Laune, so dass ich kleine Eigenwilligkeiten in der Bedienstruktur gerne in Kauf nehmen würde.

Ach ja, da war doch noch die Frage nach dem Preis für das Infiniti Q60 Coupé. Die (Vernunfts-) Einstiegsversion Q60 2.0t Premium startet mit üppiger Serienausstattung ab guten 44.500 Euro. Doch warum sollte man beim Kauf eines Coupés vernünftig sein? Deshalb ist meine Empfehlung ganz klar der Infiniti Q60S 3.0t als sportlich orientierte Sport Tech Version zu einem Einstiegspreis von 63.490 Euro. Wer dann noch 3 sinnvolle Kreuzchen in der übersichtlichen, 1-seitigen Preisliste macht, landet bei gut angelegten 66.890 Euro.

 

Technische Daten des Infiniti Q60:

Motor

2,0 l 4-Zylinder Turbo

3,0 l V6 Twin-Turbo

Leistung

211 PS (155 kW) // 350 Nm

405 PS (298 kW) // 475 Nm

Getriebe

7-Gang Wandlerautomatik

7-Gang Wandlerautomatik

Antriebsart

Hinterradantrieb

Allradantrieb

0 – 100 km/h

7,3 s

5,0 s

Vmax

235 km/h

250 km/h

Verbrauch lt NEFZ

6,8 l/100km // 156 g/km CO2

9,1 l/100km // 208 g/km CO2

Einstiegspreis

Ab 44.500 Euro

Ab 56.990 Euro

  • Fotos ohne Wasserzeichen sind erstellt und Eigentum von Benjamin Brodbeck von AUTOmativ.de

Hier gibt’s das bekannte POV-Video zum Infiniti Q60 2.0t:

Weitere Erfahrungsberichte zum Infiniti Q60 findet ihr hier:

Benjamin widmet dem Infiniti Q60 2.0t und dem 3.0t einen schönen Bericht sowie einen VideoberichtAUTOmativ

 

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