Wenn der Münchner Premiumhersteller BMW seine erfolgreichste Baureihe in den 2. Lebenszyklus schickt, dann erhoffen sich nicht nur die Fans viel an Feinarbeit.
Besonders bei der aktuellen 3er Baureihe gab es doch ein paar Aufschreie vieler Fans der Marke. Diese galten insbesondere 2 Punkten: Zum einen den verwendeten Materialien, die der Preisklasse all zu oft nicht gerecht wurden und zum anderen dem weich gespülten Fahrwerk. BMW Fahrer sind immer noch sehr dynamische Naturen und erwarten hier einfach ein ebenso sportliches Fahrzeug. Komfortabel dürfen gerne die Damen und Herren aus Stuttgart sein, doch auch diese werden mittlerweile immer sportlicher. Also galt es auch im Hause BMW wieder zu einem etwas direkteren, knackigeren Fahrverhalten zu kommen.
Doch bei einer Modellüberarbeitung gibt es ja bekanntlich nicht nur technische Überarbeitungen, sondern auch kosmetische „Reparaturen“. Diese wurden von den Münchnern mit der Modellpflege an Limousine und Touring sehr dezent umgesetzt. An der Front fällt die Modellpflege am wenigsten auf, außer man ist ein Insider oder absoluter Fanboy der Marke. So wurden nun die Scheinwerfer in die Nieren hinein gezogen. Serienmäßig verbaut BMW leider weiterhin Halogenscheinwerfer, die mit LED-Tagfahrlicht aufgewertet wurden. Optional gibt es zwei unterschiedliche LED-Scheinwerfer, die beide eine neues Design für das Tagfahrlicht beinhalten.
Der Stoßfänger blieb größtenteils unverändert, einzig kleinere Linienänderungen sind zu verzeichnen, spielen aber optisch kaum eine Rolle. Größere Veränderungen fanden einzig im Heckbereich statt. Hier gibt es nun breitere Heckleuchten, die komplett in LED Technik ausgeführt wurden. Die Optik ähnelt hier nun dem Heck der kleineren 1er Baureihe und wird so auch im neuen 7er BMW übernommen. So hat BMW das Design etwas einheitlicher und Baureihen übergreifend gestaltet, wie dies schon der Mitbewerber aus Ingolstadt erfolgreich praktiziert.
Doch schauen wir uns mal den Innenraum genauer an, denn hier waren ja die Kritiker nicht gerade sanft mit BMW umgegangen.
Der Blick schweift über den zum Vorgänger identischen Armaturenträger und erkennt zunächst kaum eine Veränderung. Die Materialien wirken identisch, wobei die einzelnen Plastikteile nun besser verarbeitet und sauberer zugeschnitten wurden. Zusätzlich gibt es mehr verchromte Kunststoffe, welche die Optik positiv beeinflussen. In der Mittelkonsole wurden die Getränkehalter nicht mehr mit einem herausnehmbaren Ablageteil versehen, sondern mit einem kleinen Rollo. Dies ist sicherlich die günstigere aber auch saubere Variante, denn das Ablagefach benötigte im Handschuhfach doch meist einiges an nicht vorhandenem Platz.
Das Klimabedienteil hat nun auch statt der roten Anzeigen tagsüber weiße Piktogramme und wirkt dank anderer Grafik etwas frischer. Leider hat BMW immer noch keine SYNC-Taste eingebaut, mit der es möglich wäre die Temperaturen für Fahrer und Beifahrer an zu gleichen.
In meinem Fahrzeug waren die Seriensitze montiert, die hier mit der aufpreispflichtigen Stoff-Leder Ausstattung aufgewertet wurden. Die Seriensitze sind identisch mit den Sitzen vor der Modellpflege. Sie bieten eine straffe Polsterung, aber auch einen zu geringen Verstellbereich, um eine optimale Position zu finden. Zudem mangelt es ihnen an Seitenführung im Schenkelbereich. Die optionale Lordosenstütze sei zudem auch angeraten, da Langstrecken in diesen Sitzen durchaus ermüdend sind. Hier geht die Kaufempfehlung ganz klar an die bekannt guten Sportsitze für gut 600€ Aufpreis.
Neu beim LCI-Modell (Life Circle Impuls) ist auch, dass BMW die Ausstattungslinien etwas verändert hat. So gibt es nun ein Basismodell, dann das etwas besser ausgerüstete Advantage Modell sowie die Sport Line, M Sport und Luxury Line. Jede Ausstattungslinie baut auf dem von mir gefahrenen Advantage Modell auf und verfügt über spezielle Ausstattungsmerkmale und besondere Polster oder Interieurleisten.
Hier kann jeder für sich das passende heraus suchen. Doch sollte man stets vorher prüfen, ob die Ausstattungslinien wirklich einen Preisvorteil bringen, oder man das Fahrzeug nicht doch individuell auf der Advantage Line aufbaut.
Bei den Platzverhältnissen hat sich nichts geändert. So bleibt der 3er BMW der F30 Baureihe weiterhin ausreichend geräumig und es lässt sich auch im Fond für Erwachsene eine längere Strecke problemlos absolvieren. Klar, ein 5-Sitzer ist der Wagen nur bei 3 Kindern auf der Rückbank, aber dies wird bei BMW nur mit den neuen Modellen Active Tourer und Grand Tourer besser gelöst.
Das Multimedia Angebot haben die Münchner weiter verbessert. So gibt es für das große Navigationssystem Professional mit Connected Drive Paket nun einen schnellen LTE-Hotspot an Bord und für alle Navigationssystem gibt es nun 3 Jahre lang kostenlose Kartenupdates. Also ideal für Leasingkunden, wobei der Privatkunde wieder einmal leider leer ausgeht.
Das kleine Navi Business mit 6,5“ Monitor und Connected Drive samt RTTI ist jedoch komplett ausreichend. Ich hatte nie den Wunsch nach dem größeren Navi oder aber den Touchcontroller zum Eingeben von Telefonnummern oder Adressen. Dies funktioniert über den Dreh- und Drückcontroller bereits hervorragend. Einzig die Sprachsteuerung würde das Ganze noch einmal verbessern, welche im Navi Professional serienmäßig ist und im kleinen System Aufpreis kostet.
Beim Thema Assistenzsysteme hat sich nichts verändert, so dass weiterhin vieles Aufpreis kostet, aber auch vieles nur Warnsysteme sind, die nicht aktiv eingreifen.
So etwa der Spurverlasswarner oder der Spurwechselwarner. Hier wird nur optisch und akustisch auf eine Gefahr hingewiesen, aber nicht eingegriffen. Einzig der adaptive Abstandstempomat mit Auffahrwarnung ist selbst eingreifend im Fall der Fälle, ist jedoch erst für die größeren Modelle verfügbar bzw. nur in Verbindung mit einem Automatikgetriebe erhältlich.
Neu ist jedoch, dass BMW keine Xenon-Scheinwerfer mehr optional anbietet, sondern ausschließlich LED-Licht. Dieses gibt es in zwei verschiedenen Varianten: Einmal starr (wie in meinem 318d verbaut) und zum anderen variabel mit blendfreiem Fernlichtassistenten. Bei diesem wird der Gegenverkehr bei aktivem Fernlicht ausgeblendet und die Nachtfahrt wird zu 80% mit Fernlicht durchgeführt. Hierfür muss man eine klare Kaufempfehlung aussprechen, auch wenn der Aufpreis von 1.790 € mehr als heftig ist.
Die normalen LED Scheinwerfer bieten jedoch ein gutes Licht, auch wenn es bisweilen im Nahbereich etwas fleckig ist und nicht mehr so homogen wie das alte Xenon-Licht. Beim getesteten starren LED-Licht mit normalem Fernlichtassistenten (blendet nur automatisch auf und ab) fiel jedoch auf, dass dieser erst sehr spät auf vorausfahrende oder entgegen kommende Fahrzeuge reagiert. Dies führte öfter zu verärgerten Verkehrsteilnehmern.
Unter der Haube hat sich vieles verändert beim BMW 3er LCI. So beginnt die Baureihe nun nicht mehr mit dem 316i, sondern mit dem 318i und dieser hat nun einen Zylinder weniger als der Vorgänger. So werkelt im 318i nun erstmals in der Geschichte der Baureihe ein 3-Zylinder Motor. Dieser Motor entstammt dem Mini Cooper und entwickelt eine identische Leistung von 100 kW / 136 PS aus nur 1,5 Liter Hubraum. Doch dank eines Turboladers machte der Motor bereits im Mini schon ein gutes Bild und dürfte im besser gedämmten 3er BMW sicherlich auch ausreichend für den Alltag sein.
Wer hingegen viel unterwegs ist und somit auch eine hohe Laufleistung im Jahr absolviert, der greift besser zu einem der 7 Dieseltriebwerke (316d , 318d , 320d , 320d Efficient Dynamics, 325d , 330d , 335d).
Alle Motoren entstammen dem neuen modularen Baukasten und sind nicht nur sparsamer geworden, sondern auch deutlich laufruhiger.
Genau dies ist auch die erste Erkenntnis beim Starten des 318d. Der Motor ist zwar immer noch als Selbstzünder zu erkennen, läuft nun allerdings deutlich ruhiger und weicher. Die Vibrationen sind sowohl in der Warmlaufphase als auch bei Betriebstemperatur deutlich dezenter als beim Vorgängermotor. Gerade beim Handschalter vibriert der, mit einem Tilger versehene, Schaltknauf nun wesentlich weniger im Leerlauf.
Auch das Laufgeräusch ist besser gedämmt und so grummelt der kleine 2,0l Vierzylinder ruhig vor sich hin. Selbst beim Ausdrehen hält sich der Motor akustisch zurück und knurrt nur etwas vernehmlicher. Die Drehfreude beim leistungsgedrosselten 318d ist bis knapp 4.000 U/min sehr gut, doch dann bricht die Leistungskurve vehement ein und er wirkt zugeschnürt. Ein weiteres Ausdrehen des Triebwerks bringt nichts und es ist schwer zu verstehen, weshalb der rote Bereich erst bei 5.000 U/min beginnt.
Die Leistungsentfaltung ist ausgesprochen harmonisch. So legt der kleine Motor bereits ab 1.400 U/min kräftig zu und stellt dann ein hohes Drehmoment von maximal 320 Nm bis etwa 3.700 U/min bereit. Damit sind Überholvorgänge auf der Landstraße kein Problem. Erst auf der Autobahn ab etwa 180 km/h geht dem 110 kW (150 PS) starken Motor spürbar die Puste aus. Mit etwas Geduld und Anlauf rennt der Wagen dann aber 210 km/h.
Beim Verbrauch sollte man jedoch keine neuen Rekorde erwarten. Dieser scheint sich kaum verändert zu haben, im Vergleich zum schon sparsamen Vorgänger. Hier würde wohl nur ein direkter Vergleich zeigen, ob und falls ja, in welcher Höhe ein Unterschied besteht. Im bereits gefahrenen 520d konnte der Motor hingegen keinen Verbrauchsvorteil verbuchen, sondern eher einen leicht erhöhten Wert.
Mit meinem 318d kam ich auf einen Durchschnitt von sehr guten 5,3 l/100km. Bei einer sehr ruhigen Überlandfahrt konnte ich sogar einen Wert von 4,4 l/100km erreichen, was schon sehr sparsam ist.
Den 318d erhält man optional auch mit der bekannt guten 8-Stufen Automatik von ZF, die sicherlich zum 318d auch sehr gut passen dürfte und gerade auf der Autobahn noch einmal etwas Kraftstoff sparen könnte dank längerer Übersetzung der 8. Stufe.
Die serienmäßige 6-Gang Handschaltbox, wie ich sie gefahren bin, passt aber bereits sehr gut zum 3er BMW. Die Schaltung ist wunderbar knackig, die Gänge rasten absolut sauber ein und die Schaltwege sind schön kurz.
Neu ist jedoch ein Feature, welches mit dem neuen Mini erstmals eingeführt wurde: Die automatische Zwischengasfunktion beim Herunterschalten. Wie beim Automatikgetriebe bereits gewohnt, gibt die Elektronik nun auch hier beim Herunterschalten einen kurzen Gasstoß. Dadurch wird der Schaltvorgang merklich sanfter und das Schleppmoment deutlich reduziert. Fahrer, die beim Herunterschalten gewohnt waren immer kurz Zwischengas zu geben, brauchen dies nun nicht mehr tun. Doch nach kurzer Zeit gewöhnt man sich daran und lernt das System zu schätzen. Wer diese Funktion nicht möchte, der muss das Stabilitätssystem DSC mindestens um eine Stufe deaktivieren – dann gibt‘s kein automatisches Zwischengas mehr.
Aber kommen wir nun zum nächsten Kritikpunkt, welcher der 3er Baureihe vor der Modellpflege angekreidet wurde, das zu komfortorientierte und merklich untersteuernd ausgelegte Fahrverhalten.
Mein gefahrener 318d war mit 16“ Winterrädern, serienmäßiger Servotronic und Standardfahrwerk ausgerüstet. Also eine Kombination, die wohl von vielen so geordert und gefahren wird.
Hier hat sich in der Tat etwas merklich verändert. Schon auf den ersten Metern wird schnell klar, dass hier die Fahrwerksabteilung deutlich Hand an den 3er gelegt hat. Die Feder-Dämpferabstimmung ist nun deutlich straffer geworden, was den Fahrkomfort zum Vorgänger ein kleines Stück verschlechtert. Klar, eine etwas straffere Federung kann nicht mehr so viel wegschlucken, doch für den Alltag wirkt der 318d nie zu hart. Einzig Querfugen und tief liegende Kanaldeckel werden etwas unbeholfener überrollt und die Stöße den Insassen deutlicher mitgeteilt. Kreuzschmerzen muss man aber zu keinem Zeitpunkt befürchten. Kopfsteinpflaster bewältigt der 3er in der so gefahrenen Konfiguration jedoch sehr gut und zeigt auch, das alles sauber verarbeitet war, da keine Knarzgeräusche zu vernehmen waren.
Geht es mit dem 318d dann über eine kurvige Landstraße, zeigt der 3er wieder alt bewährtes. Leichtfüßig und direkt lässt sich die Limousine um die Ecken steuern und dreht sich sogar wieder leicht mit dem Heck ein. Herrlich, genau das habe ich vermisst! Auch die Servotronic wirkt nun nicht mehr so synthetisch wie vorher. Sie gibt nun wesentlich mehr Rückmeldung, bleibt aber leider insgesamt (auch im Sport Modus) etwas zu leichtgängig. Hier dürfte die variable Sportlenkung, für einen kleinen Aufpreis, wohl für Abhilfe sorgen. Übertreibt es der Fahrer beim Durcheilen von schnellen Kurven, schiebt der 3er auch weiterhin sanft über die Vorderachse, aber der Grenzbereich liegt wieder ein Stück höher. Die stark untersteuernd ausgelegte Abstimmung beim Vorgänger ist nun nur noch leicht zu vernehmen. Auf Lastwechselreaktionen reagiert der 3er weiterhin gelassen, auch wenn das Heck im unbeladenen Zustand in Kurven gerne mal etwas leicht werden kann. Das DSC System greift jedoch sehr spät und dann auch nur sehr sanft regelnd ein. Selbst mit abgeschaltetem System bleibt der 3er wunderbar beherrsch- und berechenbar am Grenzbereich.
Galt der 3er BMW auf der Autobahn bei hohem Tempo immer als etwas unruhig, so ist dies nun auch noch einmal etwas besser geworden. Selbst mit der schmalen Serienbereifung und den weicheren Winterrädern liegt der Wagen auch bei höheren Geschwindigkeiten ruhig auf der Straße. Erst ab 180 km/h kommt leichte Unruhe auf, die den Fahrer dann doch die zweite Hand ans Lenkrad legen lässt – feuchte Hände bekommt man aber nicht.
Ein weiteres Manko der F30-Serie scheint BMW auch besser in den Griff bekommen zu haben – die Windgeräusche. Ja, der 3er ist bei höherem Tempo immer noch relativ laut im Innenraum. Aber im Vergleich zum Vorgänger, der ab 160 km/h sehr stark mit Luftverwirbelungen an der A-Säule zu kämpfen hatte, ist dies im LCI-Modell etwas abgemildert worden. Trotzdem bleibt der 3er BMW hier leider weiter hinter der gut gedämmten Konkurrenz aus Stuttgart oder Ingolstadt zurück.
Ist die Modellpflege der BMW 3er Reihe nun also gelungen?
Ja, das ist sie. BMW hat zwar immer noch im Innenraum Luft für Verbesserungen bei der Materialanmutung, aber hier wurde zumindest versucht, etwas Besserung zu schaffen. Verbessert wurde aber deutlich bei der Laufkultur der neuen Triebwerke, die nun leiser und vibrationsärmer arbeiten. Zudem wurde das Fahrwerk knackiger und die Lenkung direkter ausgelegt, was dem Fahrspaß zugute kommt. Der Komfort ist zwar ein wenig zurück gegangen, doch BMW steht ja immer noch für Freude am Fahren und nicht für Freude am Schweben 😉
Empfehlenswerte Ausstattungs- und Motorenkombination:
BMW 320d Touring Automatik Sport Line
Mediteranblau metallic
Variable Sportlenkung
Navi Professional mit Connected Drive
Innovationspaket (adaptive LED-Scheinwerfer, Head-Up Display, Speed Limit Info)
HiFi Lautsprechersystem und DAB-Tuner
Sonnenschutzverglasung
Sitzheizung vorn
M Lederlenkrad beheizbar
LP: 53.820 €
[…] BMW renoviert seine 3er Reihe ? Der neue BMW 318d im Test, gefunden bei ubi-testet.de (0.2 Buzz-Faktor) […]