Lange mussten treue Markenanhänger des „Simply-Clever“ Herstellers auf ein SUV mit Familienvan-Charakter warten. Doch nun kommt der nach den Bären auf einer Insel vor Alaska benannte SUV zu seinen Kunden. Der Skoda Kodiaq.
Aufbauend auf der verlängerten VW Tiguan Plattform (diese trägt jetzt auch den VW Tiguan Allspace), streckt sich der Skoda Kodiaq auf 4,70m Außenlänge und bietet optional bis zu sieben Leuten Platz für die Reise. Beim Design gehen die Tschechen keinen komplett neuen Weg, sondern greifen wesentliche Elemente vom Skoda Superb Kombi auf. An Breite gewinnt der Skoda Kodiaq optisch durch die LED-Scheinwerfer, die sich bündig mit dem typisch lächelnden Skoda-Mund-Kühlergrill verbinden. An Höhe lassen ihn die knapp unterhalb der Scheinwerfer angeordneten Nebelscheinwerfer mit ihrer eigenwillig kantigen Ausformung gewinnen. Das Heck mit den LED-Rückleuchten des Skoda Superb Combi erzeugt ein weiteres „daheim“ Gefühl beim Kunden.
Auch der Innenraum des Braunbären lässt Skoda-Fahrer im bekannten Umfeld sitzen. Sehr auffallend ist die Vermischung von Elementen aus dem Skoda Superb und dem Skoda Octavia. Während Sitze und Mittelkonsole aus dem Top-Modell stammen, kommen z.B. die Türtafeln vom Octavia. Leider missfielen im Testwagen sowohl die Verarbeitungsqualität als auch die Haptik. Angesichts des hohen Aufpreises gegenüber dem Octavia Kombi ist dies schon verwunderlich. Viel Hartplastik und teils nicht entgratete Kunststoffe trübten ebenso das positive Gesamtbild wie ein leichtes Knacken aus der Armaturentafel.
Auf den hohen Sitzen fühlt man sich auch auf langen Strecken sehr wohl und die Leder-Alcantara Bezüge wirken hochwertig und gemütlich zugleich. Eine ausziehbare Schenkelauflage für besonders lange Beine fehlt leider ebenso wie eventuell eine Massagefunktion für lange Fahrten.
Die Platzverhältnisse sind wie bei Skoda üblich mehr als üppig und klassenübergreifend als Benchmark zu bezeichnen. Einzig die Passagiere 6 und 7 in der 3. Sitzreihe dürfen sich über beengte Platzverhältnisse beklagen, wobei diese vermutlich nur auf kurzen Strecken dort verweilen werden. Ansonsten finden auf den Rücksitzen zwei via ISOFIX gesicherte Kindersitze oder gar zwei Babyschalen für Säuglinge problemlos ihren Platz ohne die Bewegungsfreiheit vorne einzuschränken. Selbst unser sperriger Zwillingskinderwagen (TFK Twinner Twister) fand locker im ebenen und tiefen Laderaum problemlos Platz und auch für Reisegepäck war noch genügend Stauraum verfügbar. Zwar ist die erhöhte Ladekante beim Beladen hinderlich, stört aber nicht nachhaltig. Neben den vorzüglichen Platzverhältnissen im Innenraum des Skoda Kodiaq dürfen sich seine Besitzer zudem an frischen Infotainmentsystemen und Konnektivitätslösungen erfreuen.
In unserem Testfahrzeug war das kleine Multimediasystem „Amundsen“ mit seinen Teil-kapazitiven Bedientasten verbaut. Ganz klar eine Empfehlung gegenüber dem deutlich teureren und auf sämtliche Schalter verzichtenden Navigationssystem Columbus. Aufgerüstet wurde dies durch Skoda Connect, mit dessen Hilfe wir sowohl Live-Verkehrsinformationen empfangen als auch GoogleMaps mit Satelliten-Karte nutzen konnten. Ebenso für Skoda Connect verfügbar ist neben einem WLAN-Zugang auch eine Smartphone App mit deren Hilfe wir unseren Skoda Kodiaq an seinem Standort überwachen und uns wichtige Fahrzeugdaten abrufen konnten.
Wer auf das schnell und zuverlässig arbeitende Navigationssystem verzichten will, kann dank Skoda SmartLink seine Smartphone Oberfläche auf den Bildschirm spiegeln lassen und bekannte Apps im Kodiaq zugänglich machen (Apple CarPlay, Android Auto und Mirror Link).
Audiophilen Käufern sei zudem die toll klingende Canton-Soundanlage für einen geringen Aufpreis ans Herz gelegt. Sie überzeugt gerade i.V. mit dem glasklaren digitalen Sound von DAB Radio oder via Smartphone gestreamter Musik mit feiner Klangqualität und schönen Bässen.
Durchdacht und clever ist nicht nur die Technik im Skoda Kodiaq, sondern auch ein paar feine Details aus dem Simply Clever Paket. Der Braunbär kann mit Türkantenschonern ausgerüstet werden, die elektrisch aus und einklappen, was Familienväter bestimmt sehr schätzen werden. Sobald die Tür nur wenige Zentimeter geöffnet wird, schiebt sich eine Gummilippe über die Türkante und sorgt so beim Fremdkontakt für schadenfreies Ein- und Aussteigen. Mein persönliches Highlight ist jedoch der Getränkehalter in der Mittelkonsole. Seine spezielle Konstruktion hält eine 0,5 PET Flasche fest,
falls der Fahrer sie mit nur einer Hand öffnen oder schließen möchte – simply Clever eben.
Nach dem Bestaunen der inneren Qualitäten des neuen Skoda Kodiaq wird es nun aber Zeit, den Startknopf zu drücken und sich auf die Reise zu begeben.
Unter der Motorhaube arbeitet kein Dieseltriebwerk wie viele nun vermuten würden, sondern ein kleiner 4-Zylinder Ottomotor. Damit der gut 1,7 Tonnen schwere SUV auch zügig vorwärts kommt, wird der Motor von einem Turbolader unter Druck gesetzt und auf maximal 250 Nm Drehmoment und 150 PS gepushed. Die Gänge wechselt das alt bekannte 6-Stufen Doppelkupplungsgetriebe (DSG) zügig und in bewährt ordentlicher Manier, aber mit der bekannten Anfahrschwäche. Warum Skoda das neue 7-Gänge bietende DSG nur ohne das 4×4 genannte Allradsystem anbietet, bleibt wohl ein Geheimnis der Antriebsentwickler. Ebenso wie die Frage, warum unser Motor auf die kraftstoffsparende Zylinderabschaltung (ACT), die normalerweise beim 1.4 TSI an Bord ist, verzichten muss.
Gute Verbrauchswerte sind unter diesen Randbedingungen: hohes Gewicht, schlechter Cw-Wert und ein betagter Antrieb nicht zu erwarten. In meinem Testzeitraum verbrauchte der Skoda Kodiaq bei ruhiger Fahrweise und überwiegend als Familientransporter genutzt errechnete 9,2 l/100km Superbenzin. Sicherlich kein Ruhmesblatt, aber dafür entschädigt der kleine Motor mit sauberer Laufruhe und einer gleichmäßigen Kraftentfaltung. Wobei „Kraft“ etwas übertrieben wäre …
Das hohe Lebendgewicht erfordert oftmals hohe Drehzahlen und einen kräftigen Gasfuß, damit der Kodiaq-Bär aus seinem Winterschlaf erwacht – etwas schläfrig bleibt er die ganze Zeit über.
Müde und apathisch wirkt das Downsizing Triebwerk, wenn es einmal zügiger voran gehen soll. Überholmanöver auf der Landstraße schafft er noch ordentlich, auf der Autobahn geht ihm aber bereits ab 140 km/h die Puste aus. Zwar können lt. Werksangabe 194 km/h erreicht werden, aber um in diese Regionen zu kommen, benötigt man viel Geduld und am besten ein Gefälle.
Am besten lässt man den Wagen ruhig dahin gleiten und genießt die gewohnt guten Qualitäten der Fahrwerksabstimmung aus dem Hause Skoda.
Dank der adaptiven Dämpferregelung (DCC) schafft es unser Skoda Kodiaq, auf der einen Seite im Comfort Modus einen schwebenden Teppich zu simulieren und auf der anderen Seite dank Dynamik Stellung handlich und leichtfüßig zu wirken. Eine wirklich tolle Erfahrung, was heute so in der Fahrwerksentwicklung machbar ist. Da das zackige und leichtfüßige Einlenken mit der rückmeldungsfreudigen Lenkung mehr verspricht als der Antrieb halten kann, entschied ich mich für den Comfort Bereich. Sensibel sprechen die Feder- und Dämpferelemente auf unterschiedlichste Unebenheit in der Fahrbahn an und schaffen es gekonnt, die Insassen unbehelligt über den schlechten Straßenbelag hinweggleiten zu lassen. Einziges Manko ist eine verstärkte Wankneigung auf der Autobahn bei Querfugen, besonders auffällig in langgezogenen Kurven. Kurz nachdem die Querfugen unter die 18 Zoll Räder geraten sind, beginnt der Aufbau unangenehm zu schaukeln. Zu weich ist hier offensichtlich die Abstimmung, so dass auf der Autobahn bei zügiger Fahrweise eine straffere Abstimmung im Fahrwerkbereich eingestellt werden sollte. Genau hier kommt der Individual-Modus wie gerufen. Durch diesen lassen sich mehrere Parameter am Fahrzeug auf den eigenen Geschmack und die Bedürfnisse anpassen. Dies ist auch der Grund, weshalb ich mir nach kurzer Zeit im individuellen Modus zu Hause fühle. So konfiguriere ich meine DCC-Individual Einstellung aus Lenkung auf Dynamik, Antrieb im Normalbetrieb und beim Fahrwerk darf mich der Comfort Modus sanft betten.
Damit das Leben im Alltagsbetrieb noch angenehmer gestaltet werden kann, verbaut Skoda im Kodiaq selbstverständlich auf Wunsch und gegen entsprechenden Aufpreis zahlreiche Helferlein. Angefangen bei der obligatorischen Einparkhilfe für vorn und hinten, lässt sich dieses System um ein 360° Kamerasystem sowie wie um einen Ein- und Ausparkassistenten sinnvoll erweitern. Damit findet jeder nicht nur die passende Parklücke, sondern vermeidet auch unschöne und teure Kratzer im Magnetic-braunen Blechkleid. Die Heckklappe lässt sich optional elektrisch öffnen und schließen oder gar via Fußkick unter die Heckstoßstange bedienen. Der Zugang zum Fahrzeug erfolgt aufpreispflichtig schlüsselfrei, mehr Licht und Luft im Innenraum bietet das elektische Panoramadach für 1.095 Euro.
Selbstverständlich bietet Skoda für sein neues Flaggschiff auch diverse Assistenzsysteme an.
Auf der Autobahn verwöhnte uns im Testwagen die automatische Abstandsregelung in Kombination mit einem aktiven Spurhalteassistent. Den sicheren Spurwechsel prüft ein Totewinkelassistent und auch im Notfall verzögert das dicke SUV selbstständig oder holt im Fall der Fälle automatisch Hilfe. Gerade letzteres ist doch sehr beruhigend zu wissen.
All diese Finessen haben selbstverständlich ihren Preis. Und den lassen sich die Tschechen auch gut vom Kunden zahlen. Mindestens 36.050 Euro sind für den hier gefahrenen Skoda Kodiaq 1.4TSI Style 4×4 DSG fällig. Für weitere gut 11.000 Euro wurden noch Häkchen in der Ausstattungsliste gemacht, so dass die 50.000 Euro Schmerzgrenze nicht mehr all zu weit entfernt ist und je nach Antriebskombination schneller fällt als das Dickschiff auf Tempo 100 km/h beschleunigt.
Doch ist der Skoda Kodiaq den happigen Aufpreis von gut 6.000 Euro gegenüber einem vergleichbar ausgestatteten Skoda Octavia Kombi auch Wert ?
Ich bin zwiegespalten.
Tolle Technik, viel Platz und ausgefallene Detaillösungen begeistern mich. Besonders der riesige Stauraum im Kofferraum und die tollen Platzverhältnisse für mich als Vater von Zwillingen im Säuglingsalter überzeugen. Beim aufgerufenen Preis, dem schwachen und trinkfreudigen Antrieb endet dann aber die Begeisterung für den Skoda Kodiaq schnell.
So verlangt man in Mladá Bloeslav knapp 50k für ein nicht vollausgestattetes SUV mit nicht perfekter Detailverarbeitung. Ebenso passt hier der verbaute 1.4 TSI mit dem alten 6-Stufen DSG nicht zum unaufgeregten Braunbär-Charakter. Schlapp und trinkfreudig ist er, weshalb meine Empfehlung dem 2.0TSI mit 7-Gang DSG gehört.
Allen nicht vom Diesel-Skandal abgeschreckten Käufern sei der 2.0 TDI mit der 190 PS Ausbaustufe ans Herz gelegt. Auf den Allradantrieb kann man getrost verzichten, zumal die meisten Kodiaq-Bären vermutlich eher in der Stadt den in einem Naturreservoir daheim sein werden.
Technische Daten Skoda Kodiaq 1.4 TSI 4×4 DSG
Motor |
1,4 l Vierzylinder Turbo Benziner |
Getriebe |
6-Gang Doppelkupplungsgetriebe |
Drehmoment / Leistung |
250 Nm / 110 kW (150 PS) |
0 – 100 km/h |
9,9 s |
Vmax |
194 km/h |
Verbrauch lt. NEFZ |
7,1 l /100km |
Testverbrauch |
9,4 l/100km |
Tankvolumen |
60 ltr |
Kofferraumvolumen |
270 l / 765 l / 2005 l (7-Sitzer / 5-Sitzer / max) |
Leergewicht |
1.625 – 1.825 kg (je nach Ausstattung) |
Basispreis |
36.050 Euro |
Testwagenpreis |
47.750 Euro |
Hier gehts wieder zum Mitfahrvideo im Skoda Kodiaq 1.4 TSI 4×4 DSG: