Jagen und gejagt werden ist in der Natur an der Tagesordnung. Überleben tut nur der stärkere, da der schwächere gefressen wird oder ausstirbt.
So ist es auch im natürlichen Umfeld eines Jaguars. Er ist ein Jäger, der aus der Lauerstellung heraus seine Beute beobachtet, verfolgt und anschließend erlegt.
Doch wie ist es im Automobilbereich mit dem Jaguar bestellt?
Mit der Mittelklasselimousine XE haben die Engländer eine Wildkatze in das gut besetzte Revier der Konkurrenten von Audi, BMW und Mercedes gesetzt. Dort soll der XE gemäß seiner Natur zum Jäger werden und seine Rivalen erlegen oder kampfunfähig machen.
Ob ihm das jedoch gelingt, soll dieser Test genauer betrachten.
Jaguare sind majestätische Tiere und haben sich perfekt an ihre Umgebung angepasst, so dass sie in der Wildnis überleben und sich gegenüber anderen Tieren behaupten können.
So soll sich auch der neue Jaguar XE in seine Umgebung einfügen, was ihm optisch bereits gelingt. Die Front hat einen geschärften Blick mit zusammen fokussiertem Blick (besonders i.V. mit den optionalen Xenon-Scheinwerfern). Der riesige Chrom-Kühlergrill ist bereit zum Fressen der Konkurrenten. Durch die abfallende Dachlinie und die weit nach unten gezogene Frontpartie steht der Jaguar gedrungen da, als ob er sich bereits hinter dem nächsten Gebüsch auf die Lauer legen möchte.
Am Heck hingegen ist allgemeine Tarnung angesagt. So ist dieses zwar sehr breit ausgeführt, jedoch ohne optische Highlights gestaltet. Hier wurde die Präferenz der Entwickler klar der Front gewidmet, damit die Konkurrenz schnell im Rückspiegel erkennt, dass ihnen das Raubtier bereits auf den Versen ist.
Während mein Jaguar in der eleganten Ausstattungslinie Portfolio zum Test kam, gäbe es für richtige Jägernaturen nur die sportliche Variante R-Sport. Diese besitzt dann etwas maskulinere Elemente an Front und Seitenschwellern und ist auch im Innenraum deutlich fokussierter auf kühles Ambiente.
Der hier getestete Portfolio jedoch soll britischen Charme versprühen, was in dieser Farb- und Ausstattungsvariante jedenfalls bestens umgesetzt wird. Außen in traditionellem British Racing Green lackiert, versprüht der Innenraum mit feinem Leder in Cognac Farbe ebenso ein luxuriöses Flair, wie das offenporige Naturholz als Zierelement. Fehlt eigentlich nur noch das Kaminfeuer im mittig angeordneten Multimedia Bildschirm und schon könnte man entspannt Pfeife rauchend den Whiskey genießen …
Was die eingesetzten Armaturen angeht, so wirkt alles auf den ersten Blick aufgeräumt und sauber strukturiert. Einzig die Gestaltung der Türverkleidung ist etwas eigenwillig ausgefallen. So wurde eine kleine Insel geschaffen, die für Fensterheber und Spiegelverstellung zuständig ist. Dadurch konnte man jedoch die Armauflage nicht mehr optimal in angenehmer Höhe positionieren, weshalb der Fahrer oft das Problem hat, wo er seinen Arm ruhen lässt. Also lieber beide Hände an das weiche Lederlenkrad, welches mit einer Vielzahl an Tasten übersäht ist und sich optional beheizen lässt. Neben der Bedienung für den Tempomaten (rechte Seite) kann der Fahrzeug-Lenker auf der linken Seite durch das Informationsdisplay im Kombiinstrument navigieren. Zwar ist die Menüstruktur klar, jedoch sind viele Einstellmöglichkeiten im weit verzweigten Menübaum versteckt, was zur Ablenkung führen kann.
Damit die Ablenkung vom Fahrgeschehen so gering wie nur möglich ist, bietet Jaguar die Möglichkeit ein Head-Up Display für den XE zu ordern. Dieses gibt neben der aktuellen Geschwindigkeit auch Auskunft über aktuell geltende Tempolimits oder aber Navigationshinweise. Leider haben die Briten nur vergessen, dass es hier bereits deutlich modernere Systeme bei den Konkurrenten gibt. So ist die Darstellung zu pixelig und in seiner Farbpalette stark eingeschränkt. Aus diesem Grund sollte man sich den stolzen Aufpreis von 1.300 € getrost sparen.
Sparen sollte man hingegen nicht am Navigationssystem, da es dank großem Touchscreen und Direktwahltasten nicht zu kompliziert in seiner Bedienung gestaltet ist. Vereinzelte Schritte in den Untermenüs könnten zudem logischer gestaltet werden.
Da die Konkurrenz unter den Mitbewerbern besonders im Bereich Multimedia enorm ist, musste auch Jaguar im XE weitere Verbindungsoptionen schaffen. So bietet Jaguar mit seinem InControl Connect Paket u.a. die Möglichkeit, Musik via Smartphone zu streamen oder aber direkt mit dem Fahrzeug vernetzte Daten abzurufen. Ebenso ist ein WiFi Hotspot verfügbar.
Was den Bereich Assistenzsysteme angeht, braucht sich die Raubkatze ebenfalls nicht zu verstecken, sondern kann befreit lossprinten. So hält die Katze automatisch Abstand zu vorausfahrenden Fahrzeugen, warnt vor Gefahren im Totenwinkel oder beim Verlassen der Fahrspur. Zudem kann der Kunde seinen Jaguar mit Hilfe mehrerer Kameras überwachen und mit Surround View dem semiautonomen Einparkassistenten aus der Vogelperspektive beim Manövrieren zu sehen.
Wie man sieht, haben die Briten nicht nur einen noblen Innenraum gestaltetet, sondern auch fast alle Hausaufgaben erledigt. Ja, nur fast. Denn leider scheinen sie im Bereich der Verarbeitung noch ein wenig Übung zu brauchen. So konnte meine jungfräuliche Raubkatze nur schwer tränenfrei in die Welt blicken und in der Mittelkonsole knarzte es bereits deutlich hörbar.
Nachdem wir hinter dem beheizten Lenkrad Platz genommen haben, wollen wir doch mal schauen, wie unsere Raubkatze beim Antrieb die Jagd auf die Deutschen begehen will. Auf dem deutschen Markt wird der Revierkampf ganz klar mit Dieseln ausgefochten. Der Jaguar XE ist derzeit mit 2 Dieselmotoren erhältlich. So bildet das 2,0 l Vierzylinderaggregat in unterschiedlichen Leistungsstufen stets die Basis. Wer es besonders sparsam mag, der greift zum E-Performance mit 120 kW (163 PS). Darf es hingegen etwas mehr Leistung sein, für den ist der 2.0d, wie in meinem Fall, die erste Wahl. Wahlweise kann dieser mit einem 6-Gang Handschaltgetriebe für sportliche Naturen, oder mit einer komfortablen 8-Stufen Automatik aus dem Hause ZF bestückt werden.
Gemäß der luxuriösen Ausstattungslinie Portfolio war der 2.0d mit seinem 132 kW (180 PS) starken Turbodiesel an das Automatikgetriebe gekoppelt.
Nach dem Druck auf den Start-Stopp Knopf in der Mittelkonsole, fährt der Automatikschalter elegant aus der Versenkung empor. Sobald dieser nach einem kurzen Augenblick in seine Position gefahren ist, kann der Fahrer diesen auch auf „D“ stellen und sanft aus der Einfahrt rollen.
Das Dieseltriebwerk erwacht zügig aus seinem Schlaf und ist schnell hellwach. Zwar grummelt es etwas unwillig im kalten Zustand vor sich hin, was sich jedoch nach wenigen Kilometern legt, sobald alle Öle ihre Betriebstemperatur erreicht haben. Im Alltag arbeitet das Triebwerk erstaunlich ruhig, nervt aber schnell mit einer immer wiederkehrenden Anfahrschwäche. Diese ist bis zu einem Drehzahlbereich von 1.600 U/min auch immer vorhanden, weshalb die Automatik versucht, diesen Bereich tunlichst zu vermeiden. So kommt es häufig vor, dass der Motor auf unnötig hohe Drehzahlen gehalten wird. Schließlich handelt es sich hier um ein Raubtier, welches immer sprungbreit sein will. Dadurch kommt es leider auch selten zu einem richtig entspannten dahin Gleiten im XE, was dem komfortablen Portfolio nicht stimmig entspricht. Erst mit manuellen Schalteingriffen oder einem extrem defensiven Gasfuß schafft man es doch, die Automatik zum Hochschalten zu animieren und so mehr Ruhe in den Antrieb zu bekommen.
Soll es dann aber einmal flotter zur Sache gehen, zeigt der Motor schnell seine positive Seite. Er hängt knapp unter 2.000 U/min gut am Gas und dreht auch sehr bereitwillig aus. Die 8-Stufen Automatik unterstützt ihn hierbei optimal und lässt den Motor gerne bis etwa 4.500 U/min drehen, ehe die nächste Stufe zügig und ohne merkliche Zugkraftunterbrechung eingelegt wird. Bei dieser sportlichen Gangart bleibt der Zweilitermotor akustisch zurückhaltend und knurrt erst oberhalb von 3.500 U/min kernig ohne dabei angestrengt oder unwillig zu klingen.
Somit braucht sich der Antrieb des Jaguar keinesfalls vor der Konkurrenz zu verstecken. Mit einem ermittelten Verbrauch von durchschnittlich 5,7 l/100km konnte der Jaguar zeigen, dass er Ausdauer auf der Reise hat und sich mit wenig Futter zufrieden gibt. Wer des dennoch sehr eilig hat und die Katze über die Autobahn hetzt, wird auch selten mit Werten über 8 l/100km bestraft. Dies zeigt, wie genügsam das Kätzchen sein kann.
Bei der Jagd muss sich der Jaguar natürlich auf unterschiedlichem Terrain optimal fortbewegen können. So auch in der Automobilen Wildnis.
Hier gilt es, nicht nur den Alltag im Großstadtdschungel zu bewältigen, sondern auch auf der großen Reise mit langen Etappen oder bei einer schnellen Hatz über Berge und Täler.
Genau hier hatten die Entwickler ein großes Ziel im Visier – den BMW 3er mit seiner Agilität. Denn eine Raubkatze muss in erster Linie besonders wendig und anpassungsfähig sein. Für die Entwickler war der BMW 3er hier offensichtlich maßgebend, wie sich bereits früh bei der Marketingkampagne zeigte. Denn dazu wurden hauptsächlich BMW 3er in Tarnfolie eingepackt und mit einer Werbeadresse zum Launch des neuen Jaguar XE versehen.
Also rein in das Revier des BMW 3er, die Strasse.
Im alltäglichen Einsatz zeigt der Jaguar schnell erste Schwächen. So ist die Rundumsicht stark eingeschränkt, vor allem durch die Heckscheibe. Da die Entwickler hier eine deutliche Stufe in der Hutablage haben, ergibt sich nur ein besserer Sehschlitz, weshalb das Parkieren lieber dem Assistenten überlassen werden sollte.
Was ebenso schnell auffällt ist, dass die Fahrwerksabstimmung des Jaguar XE sehr straff geriet. Auch ohne das Ordern eines Sportfahrwerks ist der XE weit davon entfernt, auf Samtpfoten seine Insassen zu betten. Im Gegenteil, sehr direkt informiert die Katze seinen Piloten und dessen Passagiere über den Untergrund, den sie gerade unter die Räder nimmt. Querfugen und tief gelegene Kanaldeckel mag sie gar nicht. Nahezu ungefiltert rumpelt sie über diese Unwegsamkeiten und stiftet Unruhe im Fahrzeug. Wer jetzt aber Angst um seine Bandscheiben hat, den kann ich durchaus beruhigen. Denn zwar sind Unebenheiten deutlich spürbar, aber dank der weichen Sitze werden sie spätestens durch sie gut abgefedert. Unschön und unruhig bleibt es jedoch immer auf schlecht ausgebauten Straßen.
Wer hier also ein Schmusefahrwerk erwartet, ist beim Jaguar XE aktuell falsch, zumindest mit dem Serienfahrwerk und insbesondere beim noch härteren R-Sport. Einzige Option für potentielle XE-Käufer wäre noch das adaptive Dämpfersystem, welches ich leider nicht testen konnte.
Zwar ist diese Fahrwerksauslegung für den Alltag nicht sonderlich förderlich, aber dafür sollte sie wohl für eine sportliche Kurvenjagd optimal sein, oder?
Auch hier scheint sich der Jaguar XE nicht so recht entscheiden zu können, wo er nun jagen möchte. Während ein BMW zielsicher und stabil durch die Kurve eilt, scheint der Jaguar anfangs ähnliche Ambitionen zu hegen. Doch sobald der Wagen dank der präzisen Lenkung direkt und zielsicher in die Kurve einbiegt, scheint das Fahrwerk nicht mehr so entschlossen zu handeln. Denn sehr frühzeitig beginnt der Wagen am kurvenäußeren Rad stark einzufedern, was zu einer deutlichen Entlastung am Heck führt. Resultat ist, dass der XE frühzeitig über die Vorderachse untersteuert und beim Versuch, das Fzg wieder einzufangen mit dem entlasteten Heck zum Übersteuern neigt. Wer also den Kurvenradius falsch einschätzt und zu flott in die Kurve sticht, sieht sich schnell mit einem Wechsel aus Unter- und Übersteuern konfrontiert. Ist das wachsame, abrupt eingreifende ESP deaktiviert, sollte der Fahrer also durchaus wissen was er hinter dem Steuer zu tun hat, um die wilde Katze auf Kurs zu halten. Unsicherheit kommt so zwar nur mit ausgeschaltetem Schleuderschutz auf, feuchte Hände bei unerfahrenen Lenkern sind aber sicher.
Hat man sich aber einmal auf diese Besonderheit eingestellt, weiß man durchaus die Raubkatze korrekt an der Leine zu führen. Also lieber stärker vor dem Kurveneingang verzögern und dann früher aufs Gaspedal drücken. Zwar reagiert das Fahrwerk dann eher übersteuernd, ist aber für viele dadurch klarer in seiner Reaktion berechenbar.
Wer diese Unruhe am Heck nicht haben möchte, sondern eine richtig scharfes Fahrverhalten, dem rate ich zum R-Sport. Dieser fährt sich zwar unkomfortabler, bleibt aber deutlich ruhiger bei sportlicher Fahrweise und ist dadurch auch zügiger unterwegs. Mit dieser Fahrwerks-abstimmung ist eines jedenfalls gewiss: Als R-Sport schlägt der Jaguar den BMW!
Mit den anderen Fahrwerksabstimmungen kommt leider schnell ein gemischtes Gefühl auf. Denn weder im Bereich Komfort noch im Bereich Sport schafft es die Raubkatze, eine klare Linie zu wahren und den Blick auf einen bestimmten Konkurrenten zu fokussieren.
Langstreckenfahrer werden nun fragen, wie es um den Autobahnkomfort bestellt ist. Hier kann ich sagen, dass der Jaguar XE kaum eine Schwäche zeigt. Zwar werden kurze Stöße immer noch deutlich weitergeleitet, jedoch mit steigender Geschwindigkeit in abgemilderter Form. Nur beim plötzlichen, starken Verzögern wird das Heck des Jaguars etwas unruhig und leicht. Grund auch hier das tiefe Eintauchen der Karosserie an der Front. Die Assistenzsysteme hingegen unterstützen den Fahrer bei einer entspannten Fahrweise, wobei auch diese etwas feinfühliger und vorausschauender arbeiten dürften. Besonders der Abstandsregeltempomat bremst meist erst sehr spät, obwohl er ein vorausfahrendes Fahrzeug bereits erkannt hat.
Ja liebes Kätzchen,
deine ersten Sprünge in ein neues Revier sind gut geglückt. Aber du musst aufpassen, dass du dir nicht schnell bei den Rivalen Blessuren holst. Denn auch diese sind mit starken Krallen ausgestattet und wissen ihr Territorium zu verteidigen.
Anders gesagt, der neue Jaguar XE ist ein schönes Auto geworden und auch in der Mittelklasse angekommen. An den Konkurrenten um Audi A4, BMW 3er und Mercedes C-Klasse hingegen kommt er derzeit noch nicht vorbei. Hierzu fehlt es dem Briten einfach an nötigem Feinschliff. Insbesondere beim Fahrwerk sollte noch einmal Hand angelegt werden, um eine ausgewogenderes Fahrverhalten zu schaffen. Zudem sollte die Automatik noch einen Feinschliff bekommen und die Verarbeitung muss etwas besser werden. Sind diese Kleinigkeiten aber erledigt, dann dürfen sich die mächtigen Drei vor dem Jaguar auf jeden Fall fürchten.
Technische Daten zum Jaguar XE 2.0d Aut.
Motor * |
2,0 l Vierzylinder Turbodiesel |
Leistung * |
132 kW / 180 PS – 430 Nm Drehmoment |
Getriebe * |
8 – Stufen Automatikgetriebe von ZF |
Leergewicht * | 1.565 kg |
Tankvolumen * | 56 ltr |
0 – 100 km/h * | 7,8 s |
Vmax * |
228 km/h |
Verbrauch lt NEFZ | 5,1 l/100km |
Testverbrauch | 6,2 l/100km |
Basis-Preis * | 44.800 € |
Testwagen Preis * | 64.315 € |
* Werksangaben
Hier gibts wieder weitere Eindrücke zum neuen Jaguar XE durch meine Kollegen:
Sebastian Bauer durfte den Jaguar XE S V6 fahren und ist besonders von seinem Sound angetan, den ihr auch in seinem Video schön hören könnt.
Tom Schwede bei 1300ccm mag britische Fahrzeuge und konnte sowohl den V6 Benziner als auch den Diesel bei der Präsentation fahren und berichtet davon =>HIER<= .
Bei Autogefühl ist man sich sicher, das BMW der Benchmark für den Jaguar XE war.
Jan Weizecker behauptet in seinem Bericht “Britische Raubkatze jagt bayerische Weißwurst
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