In den unendlichen Weiten des Automobilmarktes gibt es zahlreiche Fortbewegungsmittel, deren Sinn sich erst dann dem Nutzer erschließt, wenn er diese einmal selbst bewegt hat. Zu solch einer Fahrzeuggattung gehören u.a. die Van Modelle diverser Hersteller. Klar, wer 3 oder mehr Kinder hat braucht solch einen 7-Sitzer. Aber sind es wirklich nur Großfamilien, die solch ein Auto kaufen?
Interessanterweise nicht ausschließlich. Da gibt es auch Käufer, die keine Kinder haben und trotzdem einen Familien Van bewegen. Doch warum fahren diese ein solch großes Fahrzeug? Einige Gründe gibt es durchaus. Ich versuche euch diese heute einmal näher zu bringen und vielleicht wecke ich da bei dem einen oder anderen Interesse für diese Fahrzeuggruppe. Doch wer soll hier als Paradebeispiel gelten?
Für mich ist es der traditionelle Ford Galaxy.
Ford hat seit Jahren im Segment der Vans einen festen Platz. Bereits die kleinen Modelle im Kompaktsegment können mit hoher Variabilität begeistern. Der C-Max und der Grand C-Max besitzen bereits einen eingefleischten Kundenstamm, der vom Vertreter über kleine Familien hin zu Pensionären reicht. Wer es doch noch etwas größer und bequemer haben möchte, dem bietet Ford sein Flaggschiff Galaxy an. Neben diesem eher praktisch gestalteten Raumwunder gibt es noch eine etwas sportlichere Variante, den S-Max. Dieser ist in seiner Klasse konkurrenzlos, da er kein klassisches Van-Modell sein möchte, sondern viel mehr ein optisch ansprechendes Großraum-Coupé. Was für BMW der X6 im Bereich der SUV, ist der der S-Max im Umfeld der Vans.
Doch heute sehen wir uns den Ford Galaxy 2.0 TDCi Titanium an. Seit knapp einem halben Jahr ist nun die 4. Generation beim Händler erhältlich. Optisch wurde der Galaxy nur dezent gegenüber seinem Vorgänger modifiziert. Die Scheinwerfer sind nun dem neuen Markengesicht angepasst und lassen ihn sportlicher in die Welt blicken. Dank variabler LED-Scheinwerfer ist dies auch für den Fahrer ein wesentliches Sicherheitsplus, in das man investieren sollte. Dank blendfrei arbeitendem Fernlichtassistent ist es bei Dunkelheit möglich, zu 80% mit Fernlicht zu fahren ohne den Gegenverkehr zu blenden.
Am Heck wurden neue Klarglasrückleuchten eingesetzt, die schlanker sind als beim Vorgänger. Ansonsten blieb der Auftritt unverändert, was nicht nur die Käufer des ältern Modells freut, sondern aufzeigt, wie reif bereits der Vorgänger im Design war.
Schaut man aber dann zum ersten Mal in den Innenraum des neuen Ford Galaxy, fällt der Unterschied deutlich aus. Die Mittelkonsole ist nun deutlich aufgeräumter dank weniger Schaltern. Der neue, größere Touchscreen ist jetzt merklich höher und besser im Sichtfeld positioniert. Das volldigitale Kombiinstrument bietet nun eine bessere Grafikdarstellung, mehr Informationen und ist klarer ablesbar.
Fahrer und Beifahrer thronen nun merklich erhöht auf sportlichen Sitzen mit Leder – Alcantara Polsterung. Diese wirkt nicht nur hochwertig, sondern ist auch leicht zu reinigen, was besonders für Familien wichtig ist. Überhaupt zeigt der neue Galaxy eine noch einmal gesteigerte Materialgüte im Innenraum, die überzeugt und den aufgerufenen Listenpreis voll und ganz rechtfertigt. Alles ist sauber eingepasst und die Materialien sind pflegeleicht.
Beim Raumangebot hat Ford noch einmal besonderes Augenmerk auf eine verbesserte Variabilität gelegt. So ist es nun möglich, die Sitze der 3. Reihe per Knopfdruck aufzustellen oder im Wagenboden zu versenken. Klappt man dann noch Reihe 2 weg, ergibt sich ein sagenhaftes Ladevolumen von 2.339 ltr. Für längere Gegenstände ist die ebene Ladefläche für Gegenstände bis zu 2,05 m ebenfalls geeignet. Da paßt dann nicht nur ein großes Bett hinein, sondern auch jede Menge Freizeit- oder Reiseutensilien. Hier zeigt sich schon der erste wesentliche Vorteil, warum nicht nur Familien den Ford Galaxy so schätzen. Durch diese Flexibilität ist der Nutzer freier in seiner Planung und dem gewünschten Einsatzgebiet des Fahrzeugs. Er macht alles mit und ist stets für größere Strecken oder Reisen bereit. Bei Familien punktet der Galaxy mit einer niedrigen Ladekante sowie einer üppigen Laderaumhöhe und ein Kinderwagen kann direkt in den Kofferraum gestellt werden, ohne ihn vorher zusammen klappen zu müssen. Die Sicherheit der Kleinen schreibt Ford im großen Van ebenfalls sehr groß. ISOFIX Verankerungen sind auf den Einzelsitzen ebenso vorhanden, wie auf dem Beifahrersitz. Soll der Beifahrersitz zum Transport der jüngsten genutzt werden, kann der Beifahrerairbag bequem deaktiviert werden. Damit die kleinen Passagiere auch auf längeren Strecken nicht zu schnell quengelig werden, gibt es zahlreiche Ablagemöglichkeiten für Spielsachen oder Leckereien. Damit Mama und Papa auch wissen, was der Nachwuchs auf der Rückbank gerade so macht, oder wenn es einen Streit zu schlichten gilt, bietet der Galaxy ein einmaliges Feature an: Im Dachhimmel befindet sich ein kleiner Weitwinkelspiegel, der den Eltern schnellen Blick in den Fond gewährt, ohne sich umzudrehen oder den Blick von der Straße wenden zu müssen.
So etwas begeistert und zeigt, dass Ford hier clevere Details verbaut und auch an den täglichen Familien-Einsatz gedacht hat.
Woran man jedoch komischerweise im Ford Galaxy nicht gedacht hat, sind Schiebetüren für den Fond. Stattdessen hat Ford normale, schwere Türen verbaut. Dies erfordert von den Eltern eine schnelle Reaktionszeit oder die Unterbindung des Türöffnens mittels Kindersicherung. Erfolgt dies nicht, dürfte das Nachbarauto schnell um eine Beule reicher sein …
Sind alle Einzelsitze einmal individuell eingestellt und angepasst, kann die Reise auch schon losgehen. Mit dem optionalen Ford Free Key System bleibt der Schlüssel in der Hosentasche und der 2,0 Liter Vierzylinder Turbodiesel wird per Knopfdruck gestartet. Bei kaltem Wetter springt der Motor erstaunlicherweise erst nach einer etwas längeren Startphase schwerfällig an. Danach läuft er rauh und erzeugt unschöne Vibrationen, die den Fahrer schnell an einen Defekt denken lässt. Startet man den Motor jedoch bei etwas wärmerer Außentemperatur, ist dies nicht spürbar. Dann springt der Motor schnell an und läuft wunderbar ruhig vor sich hin. Hier scheint das Vorglühen des Dieselantriebs nicht effizient genug zu funktionieren, da der Motor offensichtlich zu früh die Arbeit aufnimmt.
Ist der Motor dann nach kurzer Zeit auf Betriebstemperatur, tritt dieser akustisch in den Hintergrund und läuft fast unmerklich. So verrichtet das Triebwerk seine Arbeit zurückhaltend und sorgt für eine angenehme Ruhe im Innenraum. Diese Ruhe ist es auch, die besonders auffällt und ein Lob an die Akustiker aus dem Hause Ford richten lässt. Selbst beim Ausdrehen des Motors bleibt dieser angenehm zurückhaltend und lässt nur ein leichtes Brummen aufkommen, das zu keiner Zeit stört.
Mit einer Spitzenleistung von 180 PS (132 kW) und einem maximalen Drehmoment von stolzen 400 Nm wirkt der Galaxy nominell stattlich motorisiert. Schaut man jedoch einmal kurz auf das Leergewicht des Vans, sieht die Sache bei ~1,8 t doch etwas ernüchternd aus. Dass dieses Triebwerk auf höhere Drehzahlen abgestimmt wurde, lässt sich bereits auf den ersten Metern feststellen. Unterhalb von 1.800 U/min begeistert der Motor zwar mit vorzüglicher Laufruhe, entwickelt aber kaum Vortrieb. Hat die Drehzahlnadel erst einmal die 2.000er Marke durchbrochen, schiebt das Triebwerk die Fuhre mit Nachdruck voran. Dabei dreht das Triebwerk willig aus und bricht erst oberhalb 4.000 U/min in seiner Drehmomentkurve deutlich ein. Ist die nächste Fahrstufe durch das 6-Stufen Automatikgetriebe eingelegt, geht es aber trotz kurzer Verzögerung munter weiter. Bei 205 km/h ist dann aber auch schon Schluss mit Vortrieb. Diese Begrenzung ist nicht allein auf die Leistung des Antriebs zurück zu führen, sondern klar auf die nicht ganz windschlüpfrige Karosserieform.
Während viele Hersteller aktuell auf immer mehr Gänge bei ihren Automatikgetrieben setzen, hat Ford seinem Zögling optional eine 6-Stufen Wandler Version zur Seite gestellt. Das „Power-Shift“ genannte Getriebe kann allerdings auf ganzer Linie überzeugen. Klar, wir haben hier kein sportliches, nicht Zugkraft unterbrechendes Doppelkupplungsgetriebe oder das Wundergetriebe von ZF mit 8 Vorwärtsgängen verbaut, dennoch überzeugt die verbaute Automatik mit hohem Komfort. Die einzelnen Fahrstufen werden größtenteils unbemerkt eingelegt und damit passt es perfekt zum Komfortcharakter des Galaxy. Für sportliche Naturen hinter dem Lenkrad gibt es für manuelle Eingriffe ins Geschehen noch Schaltpaddel. Ich für meinen Teil habe diese aber nur zu einem einzigen Zweck wirklich verwendet, nämlich zur Nutzung der Motorbremse. Ansonsten bleiben hier fast keine Wünsche offen. Wie das kleine Wörtchen „fast“ schon vermuten lässt, gab es doch eine Kleinigkeit. Ich hätte mir eine Segelfunktion des Getriebes gewünscht, damit man den Verbrauch doch noch einmal etwas drücken kann und zudem ist diese in den heutigen, modernen Getrieben schon langsam zum Standard avanciert.
Dass der Verbrauch aber auch ohne eine Kraftstoff sparende Segelfunktion im Rahmen bleiben kann, zeigt der 2.0 TDCI Motor eindrucksvoll. Mit einem ermittelten Durchschnittswert von gerade einmal ~7 l/100km beweist der schwere Familienvan, was technisch machbar ist. Laut NEFZ soll der Galaxy zwar mit lediglich 5,4 l/100km auskommen, wer aber einen grünen Gasfuß besitzt, kann den Wagen durchaus mit einem Wert knapp über 6 l/100km bewegen. Für schnelle Autobahnvertreter dürfte der Expresszuschlag bei ~8,5 l/100km liegen, was ebenfalls in Ordnung geht.
Wie reist es sich nun durch die Galaxis im Galaxy?
Genau hier zeigt der Ford erneut, warum ich diese Marke immer mehr zu schätzen weiß. Durch die hohe Sitzposition entsteht gleich zu Beginn ein besonderes feeling, da man meint, höher als in einem Ford Kuga zu sitzen. So thront man also über dem Verkehrsgeschehen, fühlt sich bestens eingebettet und der riesige Innenraum lässt Entspannung aufkommen. Also Start-Knopf drücken und langsam rollen wir ruhig durch die Wohnsiedlung und schweben fast über das örtliche Kopfsteinpflaster. Sauber sprechen die Federelemente an und schlucken die Erschütterungen wirkungsvoll. So bleibt der Nachwuchs im Kindersitz im Land der Träume und der Rücken freut sich auch über wenig Belastung. Die Fahrt zum Einkaufen ist schnell vorüber und das Ein- und Ausparken in engere Lücken vollzieht der Parkassistent zuverlässig und flink. Sind der Einkauf- und das Kind wieder verstaut, geht es nach Hause und der Papa übernimmt den Raumriesen. Er darf jetzt zu einem wichtigen Termin und da er etwas verspätet weg kommt, geht es gleich einmal flotter zur Sache. Hier zeigt der Van schnell, was noch in ihm steckt. Kraftvoll und doch sanft schiebt der 2l-Turbodiesel den Wagen voran, das Getriebe schaltet schnell und unbemerkt durch die 6 Stufen. Auf der Autobahn ist mal wieder Stau, also wird dieser mit Hilfe von kleinen Landstraßen umfahren. Hier beweist der knapp 2 t schwere Galaxy auf einmal unerwartetes Talent. Die um die Mittellage etwas synthetisch ansprechende Lenkung scheint allerdings erst ein paar Lenkbewegungen zu benötigen, um wach und direkter zu werden. Danach bietet sie eine sehr gute Rückmeldung und geringe Lenkwinkel. Die Leichtgängigkeit durch die Servotronic bleibt jedoch weiterhin bestehen. Eine individuelle Anpassung ist leider nicht möglich, aber auch nicht wirklich notwendig.
Ist man aus der Stadt nun also heraus und auf der Landstraße, zeigt sich die Lenkung besonders mit der sehr neutralen Fahrwerksauslegung optimal abgestimmt. Schnell und mit geringer Seitenneigung durcheilt der Galaxy kurvige Abschnitte und lässt den Fahrer erstaunt grinsen. Ja, der Wagen macht sogar Spaß bei flott gefahrenen Kurven! Das hätte so vermutlich keiner gedacht, zumal der Wagen nicht nur groß, sondern auch schwer ist. Hier zeigt sich somit ein weiterer Punkt, warum der Galaxy eben nicht nur für Familien interessant ist. Sportlich geht auch mit dem Galaxy !
Der Grenzbereich liegt zudem selbst bei Nässe ungemein hoch. So schiebt der Fronttriebler erst äußerst spät über die Vorderräder und bleibt auch dann dank wachem und sanft eingreifendem ESP immer sicher in der Spur. Diese hält der große Raumgleiter auch bei über 200 km/h auf der Autobahn, die er nach ein wenig Anlauf locker schafft. Neben dieser Gelassenheit überrascht der Galaxy auch in einem weiteren Punkt, der Ruhe. Es ist unglaublich, wie gut die Leute bei Ford ihr Familienflaggschiff gedämmt haben. Die zusätzliche Dämmung im Bereich der Radhäuser merkt man am deutlichsten. So sind weder Kieselsteine noch die Gischt bei komplett nasser Straße hörbar. Wow. Hier muss ich sagen, dass mir nur ganz wenige Fahrzeuge einfallen, die ein ähnlich gut gedämmtes Niveau erreichen! Die aufgezogenen Nokian Winterräder konnte ich zwar nicht bei Schnee und Eis testen, aber deren Nassfahrverhalten. Bei den feuchten und kalten Witterungsbedingungen zum Testzeitpunkt zeigten diese ein wirklich tolles Gripniveau sowie eine sehr gute Seitenführung, weshalb ich hier eine klare Empfehlung für diese Bereifung aussprechen möchte.
Insgesamt überzeugt der Galaxy beim Fahrverhalten auf ganzer Linie. Was das optionale, verstellbare Fahrwerk noch zu leisten im Stande ist, kann ich mir aktuell kaum vorstellen. Denn bereits dieses Serienfahrwerk ist wirklich eine perfekte Kombination aus gediegenem Reisekomfort für Familien und Vertreter und einer Brise Sportlichkeit, die bei sportlich orientierten Fahrern für Erstaunen sorgt.
Tja, irgendwann ist es dann aber soweit und der Schlüssel muss wieder zurück an den eigentlichen Besitzer. In diesem Fall fiel es sehr schwer. Der neue Ford Galaxy ist nicht nur noch einmal geräumiger geworden, sondern viel mehr zu einer Wohlfühloase. So kann man es eigentlich am besten bezeichnen, denn so bald man einsteigt und ein paar Meter gefahren ist, fühlt man sich optimal aufgehoben. Die langen Fahrten sind schnell und entspannt mit Kind und Kegel ebenso flott absolviert, wie auch das Erreichen eines engen Termins. Gerade weil der Ford Galaxy auch so vielseitige Talente besitzt (Platz, sportliches und komfortables fahren, Sicherheit etc.), wird er bei den unterschiedlichsten Käuferkreisen favorisiert. Meine Empfehlung ist klar, fahrt ihn und ihr werdet ihn lieben. Versprochen.
Aber Moment, gibt es denn keine Kritik? Jein.
Denn es ist viel mehr die Frage, warum sich die Entwickler von Ford immer noch gegen Schiebetüren beim Galaxy entschieden haben. Gerade diese sind nämlich für Familien immer noch ein Kaufgrund. Besonders beim Ein- und Aussteigen der Kinder oder beim Verstauen von Kindern im Kindersitz sind diese in engeren Parklücken fast essenziell.
Dass der Galaxy mit einem Listenpreis von 48.545 €, wie hier der Testwagen, nicht ganz so preiswert erscheint ist klar. Wer aber den hohen Nutzwert und die gehobene Ausstattung betrachtet, sieht diesen Preis schnell relativiert. Für einen ähnlich ausgerüsteten BMW 218d Grand Tourer würde man sogar noch einige Euros drauflegen, ohne einen Vorteil zu haben 😉
Für weitere Infomationen zum Ford Galaxy habe ich hier für Euch noch ein paar Berichte von Blogger-Kollegen:
Thomas Majchrzak – Autogefühl
Er vergleicht den neuen Ford Galaxy mit seinem Konzernbruder S-Max und kommt ebenfalls zu einem sehr positiven Fazit zum neuen Raumwunder aus Köln.
[…] Weitere Berichte zum Galaxy gibt es auch hier: ubi-testet […]
Hi,
habe größtenteils die selben erfahrungenmit meinem Galaktischen gemacht! Danke für deinen Bericht!
Nur eine Anmerkung: Im Diesel verbaut Ford nur Doppelkupplungsautomatikgetriebe. Im großem Benziner ist ein Wandlerautomat verbaut!
Viele Grüße
annyro
[…] Ist ein Van nur für Familien ? Der neue Ford Galaxy im Test, gefunden bei ubi-testet.de (0.3 Buzz-Faktor) […]